Saubermänner

■ Noch keine EG–Grenzwerte für Strahlen–Nahrung

Jetzt schachern sie wieder, die Umwelt– und Außenminister im Europa der zehn. Und die Abgesandten des Kohl–Kabinetts nutzen die Brüsseler Bühne wieder, um sich als Saubermänner im Streit um strahlenarme Nahrung zu präsentiere Lächelnd nähren sie das Mißverständnis, es ginge um den Gehalt der Strahlengifte in Lebensmitteln hier und heute. Dabei ist nicht von der Reststrahlung aus dem Tschernobyl–Fallout die Rede. Die liegt ohnehin in fast allen Lebensmitteln längst unter den aus Bonn so eisern verteidigten Katastrophen–Werten vom vergangenen Jahr. Den Euro–Atomstrategen geht es vielmehr um den nächsten Strahlenregen, den aus dem kleinen Unfall gleich nebenan. Der Agrarexport soll nimmermehr ins Stocken geraten, auch wenn in La Hague oder anderswo mal wieder ein bißchen Strontium und Caesium in die Milch geschickt wird. Da kann den 320 Millionen EG–Bürgern ruhig die zehn– bis hundertfach höhere Dosis zugemutet werden, die Krebstoten werden schon im statistischen Rauschen untergehen. Grenzwerte für Plutonium, das stärkste bekannte Krebsgift als ganz legaler Bestandteil unserer Lebensmittel? Zu befürchten ist, daß sie schon so gut wie beschlossen sind, denn Töpfer nahm dazu nicht einmal Stellung. Hundertfach erhöhte Werte für Lebensmittel „geringer Bedeutung“? Abgehakt, nicht einmal einen Halbsatz konnten sich die Bonner dazu abringen. Und so kann man auf den sich androhenden „Kompromiß“ warten: Die alten Grenzwerte - vor einem Jahr sollten sie noch die Ausnahme für den Katastrophenfall sein - werden weiter gelten. Bis ein Notfall eintritt. Sodann wird der politisch–wissenschaftliche Grenzwert–Steigerungsfaktor ausgerechnet, wie ihn die Bonner Staatsministerin vorschlug. Arndt Zabern