Bayern behält seine „rote Hochburg“

■ In Nürnberg gab es einen überraschend klaren Sieg der SPD bei den Oberbürgermeisterwahlen / CSU–Bewerber erzielte lediglich 42,4 Prozent / „Normalzustand in Nürnberg“ damit wiederhergestellt?

Aus Nürnberg Bernd Siegler

Euphorie bei den Sozialdemokraten, Fassungslosigkeit und Verbitterung bei den CSU–Anhängern: Das überraschend klare Wahlergebnis der Oberbürgermeisterwahlen in Nürnberg führte zu klaren Reaktionen. Auch die nächsten sechs Jahre wird Nürnberg einen sozialdemokratischen Oberbürgermeister haben. Mit 57,6 Prozent der Stimmen bei der Stichwahl errang der SPD–Bewerber Peter Schönlein am Sonntag einen deutlichen Erfolg. Er löst damit den seit 30 Jahren amtierenden Andreas Urschlechter ab, der vor fünf Jahren die SPD verließ. Gegenüber dem ersten Wahlgang am 18. Oktober legte Schönlein noch einmal 7,8 Prozent zu. Die CSU verfehlte ihr Wahlziel, die letzte bayerische „rote Hochburg“ zu stürmen, um Längen. Günther Beckstein, Vorsitzender des Sicherheitsausschusses im bayerischen Landtag, blieb um 35.000 Stimmen hinter dem SPD–Bewerber zurück. Er kam auf 42,4 Prozent und verlor damit gegenüber dem ersten Wahlgang noch einmal 0,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,8 Prozent. „Damit hast du für Nürnberg den Normalzustand wiederherge stellt“, gratulierte SPD–Bundesvorsitzender Jochen Vogel seinem Genossen Schönlein. Nach dem schlechten Abschneiden der bayerischen SPD bei den letzten Wahlen zum Landtag (27,5 Prozent) und dem Bundestag (27,0 Prozent) hatte auch der Landesvorsitzende Rudi Schöfberger endlich wieder Grund zum Jubeln. Er sprach gar „von einem ersten Meilenstein zum Wiedererstarken der bayerischen Sozialdemo kratie“. Im Nürnberger Rathaus fehlt der SPD mit der Stimme des OB nun nur noch eine Stimme zur Mehrheit. Damit schwindet rein numerisch der Einfluß der vier grünen Stadträte. Der Versuch der CSU, im dreijährigen Wahlkampf beim Wähler Ängste vor dem „rot–grünen Filz“ und dem „strammen Sozialisten und Marxisten“ Schönlein zu schüren, wurde zum Bumerang. Nach der ersten Enttäuschung gab Beckstein die Parole aus: „Jetzt Ärmel aufkrempeln“. Seine politische Zukunft - Beckstein ist als Innenstaatssekretär und stellvertretender CSU–Parteivorsitzender im Gespräch - will er nach dieser vernichtenden Niederlage neu überdenken. Auch die örtliche FDP, die bei der Stichwahl die CSU unterstützt hatte, war fassungslos: „Soviele sozialistische Wähler in Nürnberg gibt es doch gar nicht.“