Kein Ende der Trauer in Kiel

■ Kieler Staatssekretär Knack erlag angeblich einem Herzversagen / Engholm–Schnüffler erschoß sich

Kempe, Feldner & Mülder

Berlin/Kiel (taz) - Der „morbus barschel“ treibt weiter sein Unwesen. Opfer wurden ein Detektiv und ein Staatssekretär. Völlig überraschend starb gestern gegen 14 Uhr der 65jährige Staatssekretär im schleswig–holsteinischen Innenministerium, Dr. Hans Joachim Knack. Nach offiziellen Angaben erlag Knack, der einen Herzschrittmacher trug, in seinem Amtszimmer einem akuten Herzversagen. Wenige Stunden zuvor hatte die SPD Knacks erneute Vorladung vor den Untersuchungsausschuß beantragt, nachdem der Spiegel berichtet hatte, Engholm sei bereits im September 1986, ein Jahr vor der Landtagswahl und unabhängig von den Machenschaften des früheren Medienreferenten Barschels, Pfeiffer, beschattet worden. Obwohl das Kieler Innenministerium spätestens im Januar/ Februar, so wird in Kreisen der Kieler SPD gemutmaßt, davon Kenntnis gehabt haben muß, wurde die Partei darüber nicht informiert. Nach Informationen der SPD waren zwei der mit der Engholm– Beschattung beauftragte Detektive damals der Polizei aufgefallen und von ihr kontrolliert worden. Über informelle Hinweise unterer Polizeidienststellen habe die Partei erst jetzt von Engholms systematischer Bespitzelung erfahren, hieß es gestern in Kiel. Unterdessen sorgte gestern auch die Nachricht des ominösen Todes eines der sechs Detektive, die auf Engholm angesetzt waren, für Spekulationen. Danach soll sich der Mitarbeiter der Düsseldorfer Detektei „Condor“ Ende Oktober erschossen haben, um sich der Festnahme durch die Polizei zu entziehen. Der Detektiv war vorher wegen Betruges zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt worden und wurde neuerlich wegen Fälschung von Kraftfahrzeugpapieren gesucht. Fortsetzung Seite 2 Bericht zum alltäglichen Ämtertausch auf Seite 4 Die mit der angeblichen Aktion beauftragten Detektei–Büros Hertlein in München und „Condor“ in Düsseldorf dementierten gestern allerdings den Bericht des Hamburger Magazins. Sie hätten nie einen entsprechenden Auftrag gehabt, hieß es, und wenn, dann würden sie es nicht sagen, meinten Brancheninsider gegenüber der taz. Von Staatssekretär Knack erhoffte sich die SPD allerdings Aufschluß über die neuesten Berichte sowie über die Wanzen–Beschaffungsaktion Pfeiffers. Der verstorbene Staatssekretär, der als „preußisch–pflichtbewußter und konservativer Beamter“ galt, hatte Pfeiffers Wünsche blockiert und Uwe Barschel über die unge wöhnlichen Wünsche informiert. Der Ausschuß unterbrach nach Bekanntwerden des Todes gestern seine Sitzung. Während der persönliche Referent des Staatsskretärs an Knack in den letzten Tagen nichts Auffälliges festgestellt haben will, wurde offiziell betont, daß nichts auf Selbstmord oder Fremdeinwirkung hindeute. Während es in Kiel gestern hieß, es wäre ein Wunder, wenn Knack nichts über die ersten Bespitzelungsaktionen gegen Engholm gewußt hätte, erklärte gestern der schleswig–holsteinische Innenminister Claussen den Spiegel–Bericht zur „reinen Dichtung“. Es gäbe keine Erkenntnisse, daß an dem Bericht etwas dran sei. „Ein Bespitzelungskomplott wirtschaftlicher Kreise“, wird bei der SPD indes nicht mehr ausgeschlossen. Namentlich die Atomindustrie wurde genannt. Dabei wird darauf verwiesen, daß sowohl der Hamburger Senat wie auch die Kieler Opposition für den Fall eines Wahlsieges der SPD in Schleswig–Holstein eine Kooperation für den Ausstieg aus der Atomenergie verabredet hatten. Zusammen hätten beide Länder im Aufsichtsrat der Preussen Elektra entsprechende Schritte durchsetzen können.