ISDN erhöht Kontrolle

■ Wissenschaftler untersuchen das von der Post geplante digitale Universalnetz / 300–Milliarden–Investition / „Kommunikationsökologische Gefährdungen“

Aus Köln Walter Jakobs

Wenn die Deutsche Bundespost ihr gigantisches Umbauprojekt zu einem digitalen Universalnetz wie geplant umsetzt, dann kommen auf die bundesdeutsche Gesellschaft ganz neue Gefährdungen der Demokratie, des Datenschutzes und der menschlichen Kommunikation zu. Dies ist das Ergebnis einer 1.000seitigen Studie, die am Dienstag in Köln vorgestellt wurde. In der Studie haben die AutorInnen des von der nord–rheinwestfälischen Landesregierung finanzierten Projektes „Optionen des Ausbaus der Telekommunika tionsinfrastruktur“ (Optek) die geplanten Postinvestitionen von 300 Milliarden bis zum Jahr 2020 unter ökonomischen, technischen, politischen und sozialen Aspekten untersucht und, so der Mitautor Professor Kubicek, festgestellt, daß es „technische Alternativen“ mit weit geringerem Risiko gibt. Die „großtechnologische Vision“ der Bundespost, das ist das Ziel der Studie, soll mit einem „technologischen Bürgerdialog“ zu Fall gebracht werden. Noch, so Kubicek, sei es dazu nicht zu spät. Mit der derzeit geplanten Digitalisierung des Telefonsystems „Integrated Services Digital Network“ (ISDN) werde, so die Studie, jeder Telefonvorgang „eine Datenspur hinterlassen“, die ohne großen Aufwand die „Zuordnung zu Anschlüssen“ erlaube. Durch die Zurückdrängung der personalen Kommunikation zu Gunsten der technisch vermittelten Kommunikation (Einkäufe per Telefon, Videokonferenzen etc.) befürchten die AutorInnen die Entstehung von psychischen und sozialen Defiziten, was sie mit „kommunikationsökologischen Gefährdungen“ umschreiben.Da das Kontrollpotential auf allen Ebenen immens steige, sei, so heißt es in der Optek–Studie, mit den Visionen der Post eine „entdemokratisierende Wirkung“ verbunden. „Je mehr eine Gesellschaft vom Funktionieren eines einzigen Universalnetzes abhängig ist, desto gefährdeter ist sie, falls die Funktionsfähigkeit zusammenbricht“. Statt dessen, so meinen die Autoren, müßten bewußt Technikbegrenzungen für die Kommunikationszusammenhänge geplant werden. So wie der Ausbau der Straßenverkehrsnetze zu einem immer stärker wachsenden Straßenverkehr führe, so führten die von der Post beabsichtigten Investitionen zu immer weiterer Technisierung von Information und Kommunikation. „Die persönliche Kommunikation“, so die Optek–Studie, sei aber die „wichtigste zwischenmenschliche und intergesellschaftliche Integrationskraft“. Die gesamte Studie wird demnächst vom Düsseldorfer Arbeitsministerium in Buchform veröffentlicht.