Kubicki "Minister in spe a.D." in Kiel

■ Der Kieler Kessel kocht und brodelt / SPD erwägt Untersuchungsausschuß des Bundestages / FDP nervös / Kubicki zieht sich nach schwerer Kritik zurück / Polizei durchsucht... / Streit im Landtag

Kiel (dpa/taz) - Der stellvertretende schleswig–holsteinische FDP–Landesvorsitzende Wolfgang Kubicki will nicht mehr Kandidat für das Amt des Umweltministeriums sein. „Ich bin Minister in spe a.D.“, erklärte Kubicki gestern. Vorausgegangen war eine kontrovers und nach Meinung von Teilnehmern emotional geführte siebenstündige Debatte im Landesvorstand in Bad Bramstedt. Weil Kubicki in der vergangenen Woche den ehemaligen Obmann der CDU im Kieler Untersuchungsausschuß, Trutz Graf Kerssenbrock zum „Hoffnungsträger“ der CDU gemacht hatte und dies als Abrücken der FDP von der CDU gewertet wurde, mußte Kubicki sich im Vorstand geharnischte Kritik gefallen lassen. Überdies hatte er sich gegen den amtierenden Ministerpräsidenten Henning Schwarz als Spitzenkandidat der CDU ausgesprochen. Auf eigenen Wunsch verläßt er auch den dreiköpfigen Koaltionsausschuß, will aber weiterhin stellvertretender Landesvorsitzender bleiben. „Wenn ich mich zurückziehe, spricht das schon für sich selbst“, meinte Kubicki über den Zustand seiner Partei, „wir können nicht so tun, als hätte es keinen massiven Einbruch in die politische Kultur“, beschwerte sich der Landespolitiker. Weil Mitarbeiter des Springer Verlages mit der Begründung, sie seien Bürger eines anderen Bundeslandes angeblich nicht als Zeugen vor dem Kieler Ausschuß erscheinen wollen, erwägt die Bundestagsfraktion der SPD die Einsetzung eines solchen Ausschusses in Bonn. „Bundesbürger sind wir ja alle“, meinte SPD–Geschäftsführer Jahn. Unterdessen sind die Düsseldorfer und Münchner Detekteien, die im Verdacht stehen, SPD–Spitzenkandidat Engholm beschattet zu haben, am Dienstag durchsucht worden. Dabei wurden umfangreiche Unterlagen beschlagnahmt. Allein aus der Wohnung eines früheren Mitarbeiters Böhm der Detektei Condor in Düsseldorf wurden sechs gefüllte Plastiktüten getragen. Böhm bestätigte gestern entgegen Darstellungen seines Ex–Arbeitgebers, daß er Engholm im Auftrag von Condor observiert habe. Der Auftrag sei ihm mündlich erteilt worden, er habe ordnungsgemäß Spesen und Kilometergeld abgerechnet. bmm Streit im Landtag Ein heftiger Streit über die Tagesordnung und die anhaltende Pattsituation beherrschten am Dienstag die zweite Sitzung des schleswig–holsteinischen Landtags. Uneinigkeit herrschte auch weiter über den Termin für Neuwahlen im nördlichsten Bundesland im kommenden Jahr. Ein Antrag der SPD, schon im März wählen zu lassen, sollte noch nachmittags erörtert werden. CDU und FDP beharren jedoch darauf, den Wahltermin erst für Juni anzusetzen. Eine Einigung zwischen den Fraktionen wurde nicht erwartet: Beide Blöcke aus SPD und Südschleswigscher Wählerverband (SSW) einerseits sowie CDU und FDP andererseits halten jeweils 37 Mandate. Die Entscheidung über eine vorzeitige Auflösung des Parlaments liegt beim kommissarischen Regierungschef Henning Schwarz (CDU), dessen Kabinett von der FDP toleriert wird.