I N T E R V I E W Wo die tropischen Wälder dem Hamburger geopfert werden

■ Alexander Bonilla, Präsident der ersten ökologischen Partei Mittelamerikas (PEC), über Giftspritzer und Vergiftete / In Costa Rica wird tropischer Regenwald abgeholzt, um Weideland zu schaffen / Kritik an Bonner Grünen: Sie versagten der ökologischen Bewegung in Lateinamerika die Unterstützung

Zu einer dreiwöchigen Rundreise durch die Bundesrepublik ist Alexander Bonilla am Montag in Frankfurt eingetroffen. Eingeladen wurde er von der Anti–Fast–Food–Organisation „Volksmund“, die versucht, den Zusammenhang zwischen der Vernichtung der Wälder in der Dritten Welt und dem Hamburger–Konsum aufzuzeigen. Der 36jährige Universitätsdozent Alexander Bonilla veröffentlichte mehrere Beiträge über die Zerstörung Costa Ricas und Mittelamerikas durch die Abholzung tropischer Regenwälder und über die Vergiftung des Bodens durch Pestizide von US–amerikanischen und europäischen Chemiekonzernen. taz: 1950 hatte Costa Rica noch 70 Prozent Waldfläche, heute sind es nur noch 26 Prozent. Der Boden erodiert, weil die Wälder für Weideflächen und Viehzucht abgeholzt werden. Wollen Sie uns jetzt empfehlen, keine Hamburger mehr zu essen? Bonilla: Das wäre nicht das Schlechteste. In den USA haben Gruppen durch einen Boykott von Burger King erreicht, daß diese Fast–Food–Kette kein Fleisch in Costa Rica mehr kauft. Wenn europäische und amerikanische Gruppen zusammenarbeiten würden, wäre das ein Fortschritt. Sie kritisieren mächtige Gegner, internationale Konzerne, können Sie Ihre Arbeit in Costa Rica ohne Behelligungen durchführen? Das kann ich nicht unbedingt behaupten. Ich habe früher als technischer Direktor der größten Umweltschutzorganisation in Mittelamerika, ASCONA, gearbeitet. Als dann 1982 die neu gewählte Regierung das Projekt verfolgte, durch Costa Rica eine Pipeline zu bauen, die Öl von Alaska über Costa Rica an die Ostküste der Vereinigten Staaten transportieren sollte, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen. Wir warnten - wie schon 1974 und 1979, als dasselbe Projekt in die Diskussion kam - vor den ökologischen Folgen. Nun denunzierte man mich als Kommunisten und die Umweltorganisation ASCONA wurde ruiniert, indem die US–amerikanische Entwicklungsbank AID, die bislang die Organisation finanziert hatte, ihre Mittel zurückzog. Ich wurde arbeitslos. 1983 entschloß ich mich, eine unabhängige ökologische Partei zu gründen. 1986 beteiligten wir uns an dem Wahlkampf, doch einige Tage vor Einschreibefrist für die Präsidentschaftskandidaten erhielt ich den Bescheid, daß ich nicht kandidieren dürfe wegen formaler Mängel. Deswegen haben wir noch keinen Abgeordneten im Parlament. Nun suchen wir auch internationale Unterstützung, um unsere Ziele als kleine Partei auch vertreten zu können. Haben Sie schon internationale Kontakte? Vor einigen Monaten war in Boston eine internationale Konferenz von grünen Parteien und Bewegungen, um eine Zusammenarbeit zu diskutieren. Dort waren viele US–amerikanische Gruppen, aber auch neue Parteien aus Lateinamerika, und für die Grüne Partei aus der Bundesrepublik Frau Ditfurth. Die lateinamerikanischen Gruppierungen legten eine Resolution vor, die eine Zusammenarbeit der Parteien und eine moralische Unterstützung der grünen Parteien in der Dritten Welt forderte. Diese Resolution wurde von fast allen anwesenden Vertretern unterzeichnet, leider jedoch nicht von den Deutschen. Wir wissen nicht warum, es hat uns aber besonders enttäuscht, weil die deutsche Grüne Partei die mit den meisten Erfahrungen ist. Vielleicht denkt sie, daß wir in der Dritten Welt nicht kompetent genug sind, in unseren Ländern eine ökologische Bewegung aufzubauen. Fühlen Sie sich also durch internationale Kontakte eher enttäuscht? Nein, wir haben jetzt die Einladung von „Volksmund“ bekommen. Wir wissen, daß es von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (gtz) sehr interessante Untersuchungen über die Auswirkungen von Pestiziden in Costa Rica, die aus den USA und Europa importiert wurden, gibt. Milch, Fleisch, Kaffee und Früchte sind bei uns durch die giftigen Pestizide verseucht. Solche Untersuchungen sind lebenswichtig für uns - und deswegen werden die entsprechenden Veröffentlichungen von unserer Regierung wie ein Staatsgeheimnis behandelt. Dabei könnten Gruppen von hier helfen, uns solche Veröffentlichungen zugänglich machen. Das Gespräch führte Eva v. Hase–Michalik. Veranstaltungen mit Alexander Bonilla: 13. 11. in Berlin (14 Uhr in der TU);17. 11. in Freiburg; 19. 11. in Stuttgart (20 Uhr im Cafe Merlin); 23. 11. in Recklinghausen (20 Uhr); 24. 11. in Bonn (15 Uhr an der Uni); 25. 11. in Hamburg; 26. 11. in Oldenburg (20 Uhr); 27. 11. in Wilhelmshaven (20 Uhr); 30. 11. in Münster. Weitere Nachfragen: „Volksmund“–Büro: 069–704 487.