Geht der grüne Polizist?

■ Die Grünen im Bundestag stellen den Abgeordneten Wüppesahl kalt / Der liegt im Clinch mit Partei in Schleswig–Holstein / Wird er nun zum freischwebenden Abgeordneten?

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Der grüne Bundestagsabgeordnete Thomas Wüppesahl, der im Mai aus der Partei ausgetreten ist, darf seine Ämter in den Parlamentsausschüssen vorerst nicht mehr ausüben. Zu diesem Beschluß rang sich die grüne Fraktion durch, nachdem der schleswig–holsteinische Landesverband verlangt hatte, Wüppesahl müsse sein Bundestagsmandat zurückgeben und die Fraktion solle ihn rausschmeißen. Hintergrund des Debakels um den „grünen Bullen“ sind politisch kaum noch nachvollziehbare Auseinandersetzungen in seinem früheren Landesverband. Der Nord–Verband warf dem Ex–Parteimitglied zuletzt vor, den Grünen vor der Wahl massiv geschadet zu haben. Dabei geht es um einen Brief, in dem Wüppesahl „mafiotische Zustände in der Kieler Zentrale“ geißelte und der von der Presse gegen die Landes–Grünen ausgeschlachtet wurde. Wüppesahl selbst denkt nicht daran, sich dem Beschluß der Waterkant–Grünen zu fügen und sein Mandat niederzulegen: „Das imperative Mandat als formalen Hammer lasse ich nicht gelten.“ Der Beschluß sei in einer inszenierten Atmosphäre von Vorverurteilung zustande gekommen. Für seine Landes–Kollegin, die Abgeordnete Angelika Beer, ist es dagegen „unvorstellbar, daß jemand ohne Auftrag auf seinem Mandat sitzen bleibt“. Die Fraktion in Bonn schlingerte in einer mehrstündigen nicht–öffentlichen Debatte am Dienstag abend um das Dilemma herum, ob sie es nun mit dem Landesverband oder mit dem eigenen Kollegen verderben will. Kurz vor Mitternacht wurde auf Vorschlag Otto Schilys ein Kompromiß gefunden: Eine Kommission aus Fraktion und Landesverband soll sich bis Jahresende um Vermittlung bemühen; solange wird Wüppesahl politisch kaltgestellt. Er selbst will heute entscheiden, ob er aus der Fraktion austritt und freischwebender Abgeordneter wird.