Letzte Chance für die Hafenstraße?

■ Dohnanyi: „Für eine friedliche Lösung ist es nie zu spät“ / Neuauflage einer Stiftung für die Häuser im Gespräch / Offener Konflikt zwischen Linken und Rechten in der SPD / Vogel will nicht vermitteln / Heute Großdemonstration der Hafenstraße–Anhänger

Von K.v.Appen/P.Bornhöft

Hamburg (taz) - Obwohl die BewohnerInnen der besetzten Häuser in der Hafenstraße sich weiterhin vehement weigern, die Befestigungsanlagen an den Häusern abzubauen, und bislang nur einen Teil der in der Nacht zum Mitwoch errichteten Barrikaden entfernten, scheint das letzte Wort um die Zukunft der Häuser noch nicht gesprochen zu sein. Entgegen den Äußerungen von Innensenator Volker Lange, wonach es „keine Chance für diese Form alternativen Wohnens“ mehr gäbe, versicherte Bürgermeister Klaus von Dohnanyi: „Für eine friedliche Lösung ist es nie zu spät.“ Noch sind nicht alle Wege der Geheimdiplomatie ausgeschöpft. Nach Informationen der taz haben sich beispielsweise Hafenstraße– Anwalt Rainer Blohm und Dohnanyi offen darüber unterhalten, ob eventuell das sogenannte „Vogel– Modell“ noch realisiert werden kann. Der FDP–Landesvorsitzende hatte vorgeschlagen, daß der Senat den Vertrag ohne Vorleistungen unterschreibt und beim Oberlandesgericht hinterlegt. Der Kontrakt würde allerdings erst rechtskräftig, wenn die BewohnerInnen ihre Sperranlagen demontierten. Unter den BewohnerInnen und UnterstützerInnen sowie Teilen der SPD–Linken wird allerdings momentan eine Neuauflage des vor Monaten vom Senat vorgelegten Stiftungsmodells favorisiert. Danach sollen die Häuser von einer zu gründenden Stiftung um den Mäzen Jan Philipp Reemtsma, Thalia–Theater–Intendant Jürgen Flimm sowie Michael Herrmann übernommen und den HafensträßlerInnen zur Selbstverwaltung übergeben werden. Fortsetzung auf Seite 2 Gastkommentar auf Seite 4 Dieses Modell würde den BewohnerInnen des Hafenrandes weitgehende Freiheiten einräumen, wäre aber auch für die Stadtregierung ein mögliches Lösungsmodell, um aus der festgefahrenen Situation herauszukommen. Offen wird derzeit auch über ein mögliches neues Kaufangebot Reemtsmas spekuliert. Ob sich Dohnanyi allerdings mit solchen Vorschlägen gegen die Parteirechte, die öffentlich die bedingungslose Räumung propagiert, durchsetzen kann, ist derzeit fraglich. Sämtliche Versuche Dohnanyis oder der SPD–Linken, den SPD–Bundestagsfraktionsvorsitzenden Jochen Vogel zur parteiinternen Schlichtung an die Elbe zu bewegen, scheiterten. Auf Anfrage der taz ließ Vogel lediglich folgende Verlautbarung verkünden: „Ich denke, Klaus von Dohnanyi handelt mit Klugheit und Augenmaß, und setze Vertrauen in die weiteren Schritte, ohne daß ich sie kenne.“ Mit einer Großdemonstration am heutigen Samstag wollen die HafensträßlerInnen der Forderung für einen akzeptablen Vertrag und gegen eine Räumung der Häuser Nachdruck verleihen. Die Hamburger Polizei, die bereits auf eine Räumung fiebert, wie aus Polizeikreisen zu erfahren war, hat mehrere Hundertschaften Bereitschaftspolizei und Bundesgrenzschutz zur Unterstützung nach Hamburg beordert.