Der FDP geht der Mumm flöten

■ FDP jetzt für das Vermummungsverbot als Straftatbestand / Außerdem wollen die Liberalen beschleunigte Gerichtsverfahren, mehr Ausrüstung für die Polizei und eine Einsatzgruppe des Grenzschutzes / Gegen eine Verschärfung in Sachen Landfriedensbruch

Aus Bonn Oliver Tolmein

Von der FDP ist kein Widerstand mehr gegen eine Verschärfung des Versammlungsrechts und des Vermummungsverbots zu erwarten. Unter dem Druck ihrer Koalitionspartner schließt die Wendepartei außerdem Schnellverfahren und eine Einsatztruppe beim Bundesgrenzschutz nicht mehr aus und fordert eine Aufrüstung der Polizei. So das Ergebnis der Klausursitzung von Bundesvorstand und Landesvorsitzenden der Partei, die am Sonntag bis 23 Uhr getagt haben. Der stellvertretende FDP–Vorsitzende Gerhardt, Wissenschaftsminister in Hessen, der die Ergebnisse gestern der Presse vorstellte, bezeichnete die Sitzung „als eine der wichtigsten dieses Gremiums“. Man habe sehr grundsätzlich unter Einbeziehung auch der historischen Situation diskutiert, wie der Staat „durch Auspendeln“, wann er einschreitet und wann nicht, die Innere Sicherheit gewährleisten könne. Der gegen die Stimmen von Gerhart Baum und Burkhard Hirsch gefaßte Beschluß fordert allerdings nicht ausdrücklich eine Ge setzesverschärfung. Die Liberalen behaupten aber nun, es existierten seit der Anhörung von Innen– und Justizministerium am Freitag „neue Erkenntnisse“ über die Vermummung. Deshalb „sollten Bundesregierung und Bundes tagsfraktionen unter anderem „durch gesetzgeberische Vorschläge wie notwendige Änderungen der Strafprozeßordnung, insbesondere durch Ausbau beschleunigter Verfahren, die Novellierung des Versammlungs rechts und des Vermummungsverbots das Recht auf friedliche Demonstration besser schützen“. Gerhardt erläuterte diesen Passus im FDP–Beschluß am Montag vor der Presse: Eine Entscheidung über neue oder verschärfte Gesetze könne erst nach deren Vorlage auf der Kabinettssitzung am 2.Dezember erfolgen. Aber: Man habe am Sonntag „den Weg für so eine Entscheidung freigemacht“. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Die „neue Erkenntnis“, die jetzt plötzlich zur Akzeptierung des Vermummungsverbots geführt habe, liegt in der Einschätzung der Liberalen, daß „die Vermummung immer mehr eine Vorbereitungshandlung von Gewalt bei Demonstrationen“ werde. Außerdem müsse festgestellt werden, daß bei der Polizei und in der Öffentlichkeit nach den Polizi stenmorden an der Startbahn und angesichts der Situation in der Hafenstraße ein Meinungswandel zugunsten des Vermummungsverbots stattgefunden habe. Diese öffentlichen Emotionen und den Zorn müßten die Politiker berücksichtigen. Ganz anders, erklärte Gerhardt, sei die Lage bei der von der CDU/CSU ins Gespräch gebrachten Verschärfung des Landfriedensbruch–Paragraphen: Diese verschärfung würde ein „Heer von Straftätern schaffen, dem die Polizei nicht mehr Herr werden kann“. Hier gebe es sei tens der FDP keinen Bewegungsspielraum. Schwierigkeiten mit der Parteibasis, die sich auf dem letzten Bundesparteitag gegen entsprechende Gesetzesverschärfungen ausgesprochen hatte, befürchtete Gerhardt nicht. Gegebenenfalls sei es auch möglich, kurzfristig einen erneuten Bundesparteitag einzuberufen, auf dem die „neuen Erkenntnisse“ diskutiert werden könnten. Ob das aber wirklich nötig sei, könne erst nach dem 2.Dezember entschieden werden. In ihrem Beschluß fordern die FDP– Spitzenpolitiker außerdem die „unverzügliche Einsetzung“ der Gewaltkommission der Bundesregierung und schlagen, allerdings nicht näher bezeichnete, administrative Maßnahmen „einschließlich der Polizeiausrüstung und der Bereitstellung einer Einsatzreserve durch den Bundesgrenzschutz“ vor.