„Angriff“ in japanischer „Höhle des Löwen“ beginnt

■ Deutsche Bank und Lothar Späth eröffnen Brückenkopf für BRD–Export

Yokohama (dpa/taz) - Das neue Haus in Yokohama soll eine Trutzburg sein. Seine Fassade erinnert an eine wehende Fahne - im Feindesland. Hinter dem nüchternen Namen „Deutsches Industriezentrum“ verbirgt sich der erste Versuch deutscher Unternehmer, dem japanischen Wirtschaftsriesen in seinem Revier couragiert entgegenzutreten. Wohin die Reise gehen soll, verriet am Mittwoch die bilderreiche Sprache der Einweihungsredner. Ein „Standbein“ sei geschaffen worden und ein „Sprungbrett für den pazifischen Raum“. Mitten in der „Höhle des Löwen“ sei man „von der Verteidigung zum Angriff übergegangen“, triumphierte der geistige Vater des Projekts, Ministerpräsident Späth. Ursprünglich hatte Späth mit dem Haus heimischen Mittelständlern in Fernost zum Erfolg verhelfen wollen. Mit günstigen Mieten und gemeinsamer Büro– Infrastruktur sollte ihnen die Furcht vor einer Niederlassung in Japan genommen werden. Obwohl mehr als die Hälfte der jetzigen 22 Mieter längst ein Bein in Japan hat und viele von ihnen von Umsatz und Mitarbeiterzahl nicht mehr Mittelstand heißen können, blieben ihnen die Türen im „Hakusan High–Tech Park“ nicht verschlossen. „Damit die Kleinen die Durststrecken durchstehen, brauchen sie die Großen als Leithammel“, so Späth. Nach dem Ratschluß des Hauseigentümers Deutsche Bank sitzt nun die etablierte Hoechst AG in Yokohama Wand an Wand mit dem Japan–Neuling Wandel und Goltermann, Nixdorf neben Zeiss und die Wacker–Chemie neben der Spedition Emo–Trans. Die Deutsche Bank, die das Projekt über ein japanisches Tochterunternehmen realisierte, ließ sich das Ganze erstmal 94 Millionen Mark kosten. Im 30 Kilometer entfernten Tokio müßten die Firmen ein vielfaches der Miete bezahlen und auch andernorts hätten sie - auf sich allein gestellt - hohe Kosten für Repräsentationsräume und eigene Bürokommunikation. Daß die Deutsche Bank in Hakusan neben dem Wohl der deutschen Volkswirtschaft auch an sich selbst gedacht hat und gerne die Geldgeschäfte ihrer Mieter abwickelt, faßte Vorstandssprecher F. Wilhelm Christians in dem Satz zusammen: „Wir sind kein altruistisches Caritas–Unternehmen.“ Die bei der Eröffnung zur Schau getragene Aggressivität gilt einzig Nippons Wirtschaftsmultis, die den deutschen Markt feldzugartig erobert hatten. Mit der japanischen Regierung dagegen fühlen sich die Gründer des Hauses einig und harmonisch. Das jahrelange Drängen vor allem der USA, Japan solle seine Märkte öffnen und die Binnennachfrage steigern, wird in Tokio zunehmend beherzigt. Der Trend zu immer höheren Außenhandelsüberschüssen der Japaner scheint gebrochen - im Gegensatz zur BRD, die allein in den ersten neun Monaten 1987 einen Überschuß von 83 Milliarden Mark erwirtschaftete. Baden–Württemberg hatte sogar 1986 einen ausgeglichenen Außenhandel mit Japan und 1987 sogar ein leichtes Plus, betonte Späth. Die Festredner der japanischen Regierung blieben am Mittwoch angesichts der deutschen Invasionsparolen freundlich und sprachen von „Partnerschaft“. Das baden–württembergische Gegenangebot, ein japanisches Zentrum in Bietigheim–Bissingen aus Gründen der optischen Balance, wollen sie „wohlwollend prüfen“. Die Shinto–Priester wünschten dem deutschen Hauptquartier Gottes Segen. Und in der von Baden– Württemberg gestifteten „Schwarzwaldstube“ im Tiefgeschoß stach CDU–Fraktionschef Erwin Teufel mangels Gabel mit einem japanischen Stäbchen in eine deutsche Bratwurst.