Aktiv gegen den Schnellen Brüter

■ Bürgerinitiativen gegen Schnellen Brüter in Kalkar wollen auch gegen eine eventuelle Weisung aus Bonn klagen / Bremer Forschungsgruppe berichtet über Einschreiten von Umweltminister Töpfer / Bonn will widersprüchliches Simulationsprogramm absetzen

Aus Bonn Gerd Rosenkranz

Die Bürgerinitiativen gegen den Schnellen Brüter in Kalkar wollen sich in der zwischen dem Land Nordrhein–Westfalen und dem Bund entbrannten Auseinandersetzung um die Inbetriebnahme des Brutreaktors nicht auf die Rolle des Zuschauers beschränken. Das erklärten am Mittwoch VertreterInnen der „Prozeßgruppe SNR 300“ anläßlich eines vom Bund Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und den örtlichen Anti–Kalkar–Gruppen organisierten Hearings in Bonn. Der Berliner Anwalt Rainer Geulen kündigte als Rechtsvertreter des Kalkar–Klägers Willibald Ku nisch von den Grünen an, man wolle nicht tatenlos abwarten, bis die Düsseldorfer Genehmigungsbehörde unter dem Druck aus Bonn die Genehmigung zur Einlagerung der Brennelemente oder zur Inbetriebnahme doch noch erteile. Sollte es zu einer entsprechenden Weisung des Bundes gegen das Land kommen, ohne daß die Landesregierung sich juristisch wehre, werde die BI von sich aus vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen. Der SPD–Regierung in Düsseldorf warf Geulen vor, sie sei „auf eine Weisung rechtlich und taktisch unzureichend vorbereitet“. Nach seiner Ansicht sei eine „harte Weisung“, für die es in der Geschichte des Atomrechts noch kein Beispiel gebe, eine „stumpfe Waffe“. Da das Weisungsrecht des Bundes sich „nur auf den sehr engen sicherheitstechnischen Bereich des Atomrechts“ beziehe, nicht jedoch auf die weiteren rechtlichen Probleme etwa im Bereich des Wasser– oder Immissionsschutzes, könne sich „das Land juristisch einwandfrei einer Bundesweisung entziehen“, wenn es dies wolle. Im Verlauf des mit gut 100 TeilnehmerInnen nur mäßig besuchten Hearings wurde bekannt, daß das Bundesumweltministerium bereits heute durch sogenannte „Bitten“ erfolgreich Einfluß auf den weiteren Gang des Genehmi gungsverfahrens nimmt. Der Bremer Physiker Roland Kollert von der brüterkritischen „Forschungsgruppe Schneller Brüter“ berichtete vom Schreiben eines Töpfer–Beamten an die Düsseldorfer Genehmigungsbehörde, in dem diese gebeten werde, von lange geplanten überprüfenden Analysen zum Ablauf sogenannter „Kernzerlegungsstörfälle“ (Bethe–Tait–Störfall) vorerst abzusehen. Ein bereits im Juni angekündigter entsprechender Auftrag der Genehmigungsbehörde an die Bremer Gruppe wurde daraufhin bis heute nicht erteilt. Kollert klagte, die „Hausjuristen in Düsseldorf“ hätten Töpfers Bitte „als Weisung empfunden“. Dies sei ein „beachtlicher Vorgang“, da die Sicherheitsbedenken der NRW–Regierung gegen den Brüter entscheidend auf den Bethe– Tait–Analysen beruhten. Die Bremer Kritiker–Gruppe um Richard Donderer und Roland Kollert hatte Störfall–Abläufe simuliert, die zum Bersten des Reaktorkerns führen müßten, und dabei das selbe Computer–Programm verwendet, mit dem auch die Brüter–Befürworter ihre Störfall–Simulationen durchführen. Statt einer Überprüfung der widersprüchlichen Ergebnisse will der Bund, so Kollerts Befürchtung, nun das zugrundeliegende Computer–Programm als Ganzes für untauglich erklären lassen.