Penthouse gewinnt gegen Kelly

■ Die grüne Abgeordnete hatte das Glanzbildchen–Blatt auf Schmerzensgeld verklagt: sie war als Pin–Up–Girl in Saloongirlpose gezeichnet worden / Berliner Gericht gab Penthouse recht

Aus Berlin Helga Lukoschat

Die grüne Bundestagsabgeordnete Petra Kelly erhält für ihre Darstellung im Penthouse–Prominenten–Kalender 1985 kein Schmerzensgeld. Das entschied gestern in erster Instanz die 27. Berliner Zivilkammer des Landgerichts Berlin, unter Berufung auf die im Artikel 5 Grundgesetz garantierte Kunstfreiheit und das Kunsturheberrecht. In dem Kalender war die grüne Politikerin nur mit Cowboystiefeln und einem Revolvergurt „bekleidet“ dargestellt worden. Mit ihrer Klage auf Schmerzensgeld in Höhe von 80.000 DM hatte Petra Kelly bereits 1985 für Schlagzeilen gesorgt. Ihre Klage war vom Landgericht Berlin jedoch mit der Begründung abgewiesen worden, Petra Kelly hätte dafür den falschen Adressaten gewählt. Für die Herausgabe des Kalenders, so befand das Gericht damals, wäre nicht der Zürcher Penthouse Verlag sondern die „German Pent house Publican Limited“ mit Sitz in London zuständig. Die Firma hatte sich nun gestern vor dem Landgericht Berlin für ihren VIP–Kalender, in dem auch Wörner, Strauß und Thatcher karikiert worden waren, zu verantworten. Ausgiebig philosophierte der Vorsitzende Richter Siebert über den Widerstreit zwischen der „Kunstfreiheit“ und dem „allgemeinen Persönlichkeitsrecht“. Denn bei der Zeichnung handele es sich unzweifelhaft um eine Karikatur, mithin ein „Kunstwerk“, dessen „Sinn“ er allerdings „nicht sehe“, wie der Richter freimütig bekannte. Nur in „ganz schweren Fällen“ der Persönlichkeitsverletzung, betonte Siebert unter Berufung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgericht zu einer Darstellung des bayerischen Ministerpräsidenten Strauß als „kopulierendes Schwein“, werde die „Kunstfreiheitsgrenze“ überschritten. Das Bundesverfassungsgericht hatte - trotz Anerkennung der Darstellung als Kunstwerk - dem Schmerzensgeldanpruch des CSU–Politikers stattgegeben. Im Falle der Kelly–“Karikatur“ bleibe für eine Persönlichkeitsverletzung jedoch „nur das Kriterium der Nacktheit“, das für eine „Frauenrechtlerin“, die sich bekanntermaßen gegen diese Art der Frauendarstellungen einsetze, „besonders gravierend“ sei. Dagegen beharrte Petra Kellys Vertreterin, Rechtsanwältin Anne Klein darauf, daß die „absolut realistische Darstellung“, deren karikaturistischer „Aussagekern nicht erkennbar“ sei, entwürdigend wirke. Petra Kelly sei in sexistischer Manier in einer Pose dargestellt, „als ob sie in einem Western–Saloon an der Bar rumhänge.“ Brüste und Hintern seien überdeutlich herausgearbeitet. Während der Vertreter der German Penthouse den Schmerzensgeldanspruch strikt zurückwies und im Namen der Kunstfreiheit „vom Anfang des Endes der Freiheit“ warnte, appellierte Anne Klein an das „männliche Gericht“, sich in ihre Mandantin „hineinzuversetzen“.