Wer will den Kokain–König

■ Jorge Louis Ochoa, einer der reichsten Kokaindealer der Welt, wieder mal festgenommen / Auslieferung an die USA wäre Kriegserklärung an die Mafia

Aus Bogota Ciro Krauthausen

Als Jorge Louis Ochoa, der 38jährige Kokainkönig aus der kolumbianischen Großstadt Medellin, am Samstag in seinem nagelneuen Porsche in Palmira, 450 km südöstlich der Hauptstadt Bogota, von der Verkehrspolizei angehalten und festgenommen wurde, versuchte er es auf die übliche Tour und bot der Polizei ein hübsches Sümmchen an. Doch diesmal ging es schief. Ochoa, führendes Mitglied des Medellin–Clans, jenem Verbund von Mafiosi, der 80 Prozent des in der USA konsumierten Kokains vertreibt, wurde zuerst acht Stunden lang im Hauptquartier der Verkehrspolizei festgehalten, um dann nach Bogota geflogen zu werden. Am Sonntag abend schon saß Ochoa, einer der reichsten Männer der Welt, schwer bewacht beim militärischen Geheimdienst ein. Seine Verhaftung löste auf hoher Regierungsebene Aufregung aus: Präsident Barco beriet sich unverzüglich mit dem Innen–, Außen– und Justizminister. Denn es reicht nicht, einen der mächtigsten Kokainschmuggler der Welt zu schnappen, man muß ihn auch aburteilen. Gerade hierbei tut sich die kolumbianische Justiz schwer. Im November 1984 war Ochoa in Madrid verhaftet worden. Monatelang saß er in Untersuchungshaft, während darüber verhandelt wurde, welchem Staat er ausgeliefert werden sollte. Sowohl Kolumbien als auch Italien und die Vereinigten Staaten hatten Anträge gestellt. Kolumbien machte das Rennen. Hier angekommen, sollte Ochoa nicht etwa wegen Kokainhandels der Prozeß gemacht werden, sondern wegen des Schmuggels von Benzin. 13 Tage brauchte der Richter, um sein Urteil zu fällen: 20 Monate Haft, die unter Kaution erlassen werden. Als der Skandal aufflog, war Ochoa schon längst über alle Berge. Nun überlegt die Regierung, ob sie Ochoa an die USA ausliefern soll. Doch das Oberste Gericht Kolumbiens hat den Auslieferungsvertrag für verfassungswidrig erklärt. Wenn die Regierung tatsächlich ausliefern will, müßte sie entweder an einen Vertrag aus dem vorigen Jahrhundert appellieren oder einen neuen mit der USA schließen. Eine Auslieferung würde einer Kriegserklärung gegenüber der Mafia gleichkommen. Ob daran Interesse besteht, ist zweifelhaft. Zwar wurde vor einer Woche ein anderer mächtiger Mafiosi des Mordes an dem Oppositionsführer Jaime Pardo Leal beschuldigt, doch es ist allgemein bekannt, daß die Mafia in den letzten Monaten an die 1,2 Milliarden Dollar in das Land geschleppt hat. Dazu hat gerade das Urteil des Obersten Gerichtes über den Auslieferungsvertrag so wie auch die Unruhen in dem Bankenparadies Panama beigetragen. Eine Auslieferung Ochoas würde sicherlich den Dollarfluß, der derzeit die Wirtschaft bewegt, drastisch reduzieren. DREI TOLLE FRAUEN* sucht die taz–Auslandsredaktion zum 1. Februar 1988: eine Redakteurin für den Bereich Westeuropa/EG und noch eine für Asien/Schwarzafrika/Pazifik und noch eineN KoordinatorIn für die Auslandshintergrund und die Reportageseite. Wir hoffen auf KollegInnen, die schon wissen, wie eine Redaktion von innen aussieht Auslands– und Schreiberfahrung haben Englisch und mögl. eine romanische Sprache beherrschen. Wir bieten: die Ehre, sich für die interessanteste Tageszeitung der Republik aufzuopfern, den bekannt mickrigen Einheitslohn, aber exzellente Küche. Bewerbungen mit Arbeitsproben und Werdegang bitte an Thomas Schmid, Wattstraße 11/12, 1000 Berlin 65 Weitere Informationen ab 16h unter 4609277 *oder auch ein (t)oller Mann für die Koordination.