Der alte Mann und die Volkszählung

■ Ein 75jähriger Rentner weigert sich, die Frage nach der Staatsangehörigkeit zu beantworten

Bad Kreuznach (taz) - Der 75jährige Gerhard Hoinkis war schon zum zweiten Mal vor den Kreisrechtsausschuß in Bad Kreuznach geladen. Es ging auch diesmal wieder um seine Weigerung, die Frage fünf des Volkszählungsbogens auszufüllen. Dort nämlich wird nach der Staatszugehörigkeit gefragt. Der Rentner Gerhard Hoinkis will darüber so lange keine Auskunft geben bis nicht das Reichsbürgergesetz vom 15.September 1935 für „null und nichtig erklärt“ worden sei. Für ihn ist dieses Gesetz das „schlimmste Rassengesetz“ aller Zeiten. Das hat er am ei genen Leib erfahren müssen. Hoinkis, der 1912 in Ruptau (Polen) geboren wurde, vertritt die Ansicht, er sei Deutscher, aber er werde wegen seiner Geburt in Oberschlesien als „Deutscher zweiter Klasse“ behandelt. So könne er laut den nach wie vor existenten Rassengesetzen des Dritten Reichs weder öffentliche Ämter noch hoheitsrechtliche Aufgaben ausüben. Der gelernte Forstwirt mußte z.B. jahrzehntelang darum prozessieren, daß man ihm seine Ausbildung in der Forstverwaltung von Oberschlesien auch in der Bundesrepublik anerkannte. Wegen seines Geburtsor tes sollte er auch nicht in ein Beamtenverhältnis bei der Forstverwaltung in Rheinland–Pfalz übernommen werden. Erst drei Monate vor seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst erhielt er dann doch noch den Beamtenstatus zuerkannt, weil das Land von einem Gericht dazu verdonnert worden war. Seit 42 Jahren kämpft er gegen die Aufhebung des Reichsbürgergesetzes vom 15.9.35 und erst wenn er damit Erfolg hat, will er auch die Frage fünf nach der Staatsangehörigkeit beantworten. Alle anderen Fragen des Erhebungsbogens sind von ihm bereits seit Monaten ausgefüllt. Doch den Bogen ohne Beantwortung der verflixten fünften Frage abzugeben, mag er nicht. Denn „die tragen dann doch irgendwas ein und das will ich nicht“. So brummte ihm die Zählstelle in Bad Kreuznach ein Zwangsgeld von 200 DM auf. Gerhard Hoinkis: „Das ist Erpressung. Dann muß der Richter eben entscheiden. Dann gehe ich eben ins Gefängnis“. Ob das Zwangsgeld von 200 DM nun gegen ihn vollstreckt wird, will der Kreisrechtsausschuß dem Rentner aus Altenbamberg jetzt schriftlich mitteilen. Felix Kurz