Barschels Vertrauter wird immer stiller

■ Der Kieler Untersuchungsausschuß spürt den Telefongesprächen vom Apparat des ehemaligen stellvertretenden Regierungssprechers Ahrendsen nach / Neues über die AIDS–Kampagne gegen Engholm - war Ahrendsen auch dabei?

Aus Kiel Jörg Feldner

Alles spricht dafür, daß mindestens Pfeiffer und Barschel im Februar gemeinsame Sache gemacht haben beim anonymen Telefonterror gegen den SPD–Oppositionsführer Engholm (“Hier Dr. Wagner: Sie haben AIDS“). Vieles spricht dafür, daß auch der ehemalige Regierungssprecher– Stellvertreter Ahrendsen zeitweise an der AIDS–Kampagne beteiligt war. Seine Rolle bei der anonymen Steuerhinterziehungsanzeige gegen Engholm konnte Ahrendsen gestern vor dem Kieler Untersuchungsausschuß nicht plausibel entkräften. Am 5. und am 17. Februar hatte Pfeiffer alias Dr. Wagner Engholm die „tödliche Krankheit“ anhängen wollen. Der erste Anruf kam ausweislich der Liste des Telefoncomputers von Ahrendsens Apparat. Ahrendsen selbst hat ein Alibi für die fragliche Uhrzeit; er hatte hundert Kilometer von Kiel entfernt eine Zeitungsredaktion besucht. Als Anrufer kommt fast nur Pfeiffer in Frage: „Das stärkste Stück, was der sich geleistet hat, von meinem Telefon“, entrüstet sich Ahrendsen heute. Am 18. Februar, einen Tag nach dem zweiten AIDS–Telefonanruf bei Engholm, setzte sich Barschel während einer laufenden Landtagssitzung in sein Amtszimmer und formulierte mit Ahrendsens Hilfe eine Pressemitteilung zum Thema „Treue ist der beste Schutz vor AIDS“. Vielleicht, sagte Ahrendsen, habe auch Pfeiffer mitgewirkt. Die gesamte Presse fragte sich damals, aus welchem Anlaß, zu welchem Zweck Barschel diese AIDS–Pressemitteilung rausgejagt hat. Der Landtag würde erst Mitte März über AIDS diskutieren und die Sozialministerin am 2. März die Politik der Landesregierung dazu be kanntgeben. Die Pressemitteilung zu AIDS war auch die einzige, die Barschel in fünf Jahren selbst gechrieben hat - sagt Ex– Regierungssprecher Behnke. Möglicherweise hatte Barschel gehofft, Engholm sei vom Telefonterror schon angeschlagen und könne mit einem schriflichen Hieb zum Thema AIDS und Treue weiter fertiggemacht werden. Verdächtig bleiben Ahrendsens Telefonate mit Klaus Thiessen, ehemaliger CDU–Geschäftsführer in Dithmarschen. Thiessen war im Januar von Pfeiffer - Ahrendsen hatte den Kontakt hergestellt - gebeten worden, jemanden zu beschaffen, der die Steuerdenunziation gegen Engholm unterzeichnen würde. Von Januar bis Anfang September hatte Ahrendsen nur dreimal bei Thiessen angerufen, nach der ersten Spiegel–Enthüllung aber in zwei Tagen fünfmal. Als Grund dafür gab Ahrendsen seine plötzlich notwendig werdende Absage an einer Jungen–Union–Talkshow in Dithmarschen an. Der Grund für die Absage sei ihm entfallen, meinte Ahrendsen auf bohrende Fragen seiner Parteifreunde im Ausschuß. „Nie“ habe er mit Thiessen über die Steuerhinterziehungskampagne gesprochen. Ahrendsen gab gestern auch zu, an der Zusammenstellung der CDU–Wahlbroschüre „Schönes Schleswig–Holstein“ in erheblichem Umfang mitgewirkt zu haben. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG), demzufolge eine Landesregierung sechs Monate vor einer Wahl keine Werbung betreiben dürfe, kenne er, sagte der Beamte. Er räumte ein, seine Mithilfe an dem Unionsblatt sei „nicht ganz zulässig“ und „offenkundig regelwidrig“ gewesen sei. Der Ausschußvorsitzende Klingner zeigte sich ungehalten darüber, daß der Ausschuß „jeden Namen wie Würmer aus der Nase ziehen“ mußte, woraufhin der Zeuge meinte, er erinnere sich erst nach und nach, aber Widersprüche werde man bei ihm nicht feststellen.