I N T E R V I E W Ein Drittelerfolg

■ Interview mit David Rehling, Sprecher von Seas at Risk, internationaler Dachverband von Umweltorganisationen

taz: Was ist hier in London erreicht worden und was nicht? Rehling: Die Ziele dieser Nordseekonferenz waren von Anfang an recht niedrig angesetzt. Wenn wir uns ansehen, was nun wirklich erreicht worden ist, dann ist das für uns vielleicht ein Drittelerfolg. Der liegt darin, daß selbst die bisher widerwilligsten Regierung, die Notwendigkeit direkten Handelns in bezug auf den Zustand der Nordsee anerkennen. Ein Teilerfolg ist das Verbot der Verklappung von Industriemüll, schön wäre es gewesen, wenn flüssige Giftstoffe miteinbezogen worden wären. Es gibt außerdem eine Übereinkunft, die Verbrennung von Giftstoffen auf See bis 1995 ganz abzubauen, dies hätte allerdings sofort gestoppt werden können. Immerhin. Was bedeutet die Halbierung des Eintrags bei den Flüssen? Die Nordsee ist ein Patient, der ganz akut am Eintrag von Nährstoffen leidet. Langfristige Symptome werden durch die zunehmende Menge beständiger toxischer Substanzen hervorgerufen. An dem akuten Problem doktert man jetzt herum. Was Schwermetalle und toxische Substanzen angeht, müssen wir abwarten, was die Formulierung „mit dem Ziel einer Reduktion um die 50 Prozent“ bedeutet. Sind die einzelnen Länder überhaupt in der Lage, eine solche Reduzierung des Eintrags zu erfüllen? Dazu müssen wir erst noch das Kleingedruckte zu dem lesen, was hier beschlossen worden ist. Wenn sie wollen, dann ja. Die große Frage aber bleibt: Werden die Länder davon ausgehen, daß die auch die anderen dem Abkommen folgen werden. Wenn nicht, dann wird keiner diese Maßnahmen ausführen, wie es schon nach der ersten Nordseekonferenz vor drei Jahren geschehen ist. Das heißt, es fehlt eine hinreichend zur Kontrolle ausgestattete Aufsichtsbehörde? Ja, es gibt nur den Versuch, die Maßnahmen zu koordinieren. Auch hier sind wir nur einen Drittel–Schritt vorwärtsgekommen. Interview: Rolf Paasch