Nasdarowje! Saufen für den Frieden!

■ Der Gipfel: Grüne bitten die Supermächte zum Empfang

Von Charlotte Wiedemann

Statt „Raus aus der NATO“ ist jetzt „Rein in den Sekt“ die Devise bei den Bonner Grünen. Flügelübergreifend soll der Schampus fließe Kollege Kwizinskij sollen mit den Grünen anstoßen auf das weitere Streiten für eine friedliche Welt. Ob die weitaus größere Zahl von Raketen, die Gorbi verschrotten muß, seinem Bonner Statthalter mit entsprechend mehr Gläsern Grünen–Sekt versüßt wird, ist zur Stunde noch unklar. Auch ringt der grüne Kassenwart noch mit dem Wunsch der Fraktions–Diplomaten, gleich ein ganzes Sinfonieorchester zum Begeigen des Abkommens aufzubieten. Jedenfalls wird auch einheimische Friedens–Prominenz dem historischen Augenblick Würde verleihen. Nach der Stehparty mit geladenen Gästen darf das friedensbewegte Fußvolk zum Fest ins Bonner „Pantheon“ strömen. In der Bewegung ist es allerdings bisher umstritten, ob das Abkommen wirklich ein Grund zum Jubeln ist. In der Fraktion gab es dagegen nur wenige, denen die fortgesetzte Aufrüstung die Lust auf den Sekt vergällt hat. Manche Ökosozialisten wurden bei der Vorstellung vom Prosit auf Burt zwar merklich blaß, doch da die eigene Strömungskollegin Angelika Beer das ambitionierte Projekt verfocht, mochte niemand den Streit vom Zaun brechen. Pikanterweise bleibt nun dem Koordinierungsausschuß (KA) der Friedensbwegung, den die Grünen ehedem als Genf–fixiert kritisierten, die Rolle des Skeptikers: Dem KA, so war zu vernehmen, ist die Sektkorken–Knallerei zu „unkritisch“. Nun wäre es ungerecht, wenn der Eindruck bliebe, den Bonner Grünen wäre der Gipfel nur Anlaß zum Besäufnis. Eine Sondersitzung des Bundestags ist ebenfalls beantragt: Dort soll die gesetzliche Amnestie für alle jene verlangt werden, die wegen ihres Protests gegen die Raketenstationierung strafrechtlich belangt wurden, und die Bundesregierung soll auf Ersatz–Aufrüstung mit anderen Raketen verzichten.