Ausweis–Blüten

Berlin (taz) - Der neue computerlesbare Personalausweis treibt „Blüten“. In seiner gerade siebenmonatigen Geschichte hat es der Plastikausweis schon jetzt zu hundertfachen Duplikaten gebracht, zumindest was seine angeblich fälschungssichere, maschinenlesbare Seriennummer betrifft. Über 200 Exemplare mit identischer Seriennummer, so ermittelte die Frankfurter Rundschau, sind allein in Hessen unterwegs. Eine noch unbekannte Anzahl, räumte die für die Herstellung zuständige Bundesdruckerei gestern ein, schwirre auch andernorts herum. Urheber dieser „Blüten“ sind keine bösen Terroristen, sondern das schon aus AKW–Katastrophen und Chemieunfällen bekannte „menschliche Versagen“. In der Main–Taunus–Gemeinde Kriftel zum Beispiel, wo unter den 10.000 Einwohnern gleich 71 Besitzer des neuen Plastikausweises mit der identischen Seriennummer herumliefen, schlug das menschliche Versagen gleich zweimal zu. Ein falscher Tastendruck einer Meldestellenmitarbeiterin auf dem neuen Computer führte zu einer falschen Kennnummer auf dem Personalausweisantrag. Das wäre nicht weiter tragisch gewesen, denn der Fehler fiel einer findigen Mitarbeiterin der Bundesdruckerei auf. Telefonisch vereinbarten die beiden Frauen, den Fehler in der Ziffernfolge handschriftlich zu korrigieren. Folgt menschliches Versagen Nummer zwei: die Mitarbeiterin in Kriftel vergaß ihren Computer mit der Information zu füttern, daß für die falschen Ausweise neue Nummern vergeben wurden, und nun verteilte der Computer diese Ziffernfolge ein zweites Mal. Bleibt zur Ehrenrettung des Menschen nachzutragen, daß zu dem zweifachen menschlichen auch ein doppeltes technisches Versagen hinzukam: Die Plausibilitätskontrolle der kommunalen EDV–Anlage, die schon beim ersten falschen Tastendruck hätte Alarm schreien müssen, hatte nicht funktioniert. Und in der Bundesdruckerei in Berlin, wo computermäßig kontrolliert werden soll, daß keine Ausweisnummer doppelt vergeben wird, findet die Kontrolle aus technischen Gründen immer erst nach der Auslieferung der Ausweise statt. Nun treibt man allerorts die „doppelten“ Ausweise wieder ein. Mit Mühe offenbar. In Kriftel ist jedenfalls, obwohl der Fehler schon im Mai bemerkt wurde, von den 71 „Blüten“ bisher nicht einmal die Hälfte sichergestellt. Aber der Bürgermeister meint felsenfest: „Wir haben alles im Griff.“ Ve