Bewegungslos

■ Friedensbewegung hat Probleme mit der Abrüstung

Den selbstgestellten Anspruch, eine Bilanz der bisherigen Arbeit zu ziehen, erfüllte die Friedenskonferenz am Wochenende nicht einmal im Ansatz. Wie es dazu kommen konnte, daß die breiteste Bewegung der Nachkriegsgeschichte ihr Ziel - die Verhinderung der Raketenstationierung - nicht erreic den entscheidenden Schritt zur Kriegsgefahr in Europa begriffen hatte. Und sie drückte sich ebenfalls vor einer Bilanz der eigenen Fähigkeit zum Widerstand, die eben nicht ausgereicht hat, um den jetzt gefeierten „Erfolg“ selber herbei zu führen. Die Nicht–Reflexion der eigenen Geschichte hat zwei Ursachen: Psychologisch verständlich brauchen gerade diejenigen endlich mal einen Erfolg, die die Jahre über mit viel Frust immer weiter die weiße Taube hochgehalten haben. Und diesen Erfolg will man sich nicht zerreden lassen. Politisch sind es vor allem die DKP–nahen Kräfte in der Friedensbewegung, die nun das INF–Abkommen zum Einstieg in eine „Abrüstungsdynamik“ hochstilisieren und der Friedensbewegung damit die Rolle von Trittbrettfahrern weiterer Genfer Verhandlungen zuweisen. Die Verabschiedung eines Warenhauskatalogs von Vorschlägen an die Bewegung hat die vorherrschende Ratlosigkeit, was denn nun wirklich zu tun ist, nur überdeckt. Offensichtlich fühlt sich die Bewegung bei allem Erfolgsgerede nicht stark genug, sich einen Moment der ehrlichen Nachdenklichkeit und der tatsächlichen Strategiediskussion zu gönnen. Denn da könnte ja der Eindruck entstehen: Uns gibts nicht mehr. Charlotte Wiedemann