Berlins CDU braucht Heinrich Lummer

■ CDU–Landesparteitag wählt neuen Vorstand / SPD–Opposition analysiert Rechtsruck / Hitzige Debatte über die Zahlungsmoral prominenter Rechter / Kultursenator bekommt einen Denkzettel für mangelnden Stallmief

Aus Berlin Mechthild Küpper

So heil wie in Bayern ist die Parteiwelt der Berliner CDU nicht. Immerhin räumte Eberhard Diepgen (46), Regierender Bürgermeister und Landesvorsitzender, ein, die letzten zwei Jahre seien „kein Zuckerschlecken“ gewesen. Damit klagte er nicht über die vielen Repräsenatationstermine der 750–Jahr–Feier, sondern über die vielen Skandal–Schlagzeilen der Korruptionsaffaire. Daß er mit gut 93 Prozent der Parteitagsstimmen für zwei Jahre im Amt des Landesvorsitzenden wiedergewählt wurde, war daher nicht triumphal, aber beachtlich: vor zwei Jahren hatte er sich noch einer Zustimmung von fast 96 Prozent erfreut. Die Skandale der letzten Jahre kamen in den Reden des zweitägigen Parteitags im ICC nur unter der Rublik „erledigt“ vor. Daß heute schon so recht kein Christdemokrat mehr weiß, worin die Verstrickungen eigentlich bestanden, ist am guten Wahlergebnis für den Bundestagsabgeordneten Heinrich Lummer ablesbar: fast 83 Prozent erhielt der Ex–Innensenator und starke Mann der Rechten als stellvertretender Landesvorsitzender. Er stolperte seinerzeit über 2.000 Mark, die er vor über 15 Jahren einigen Rechtsradikalen in die Hand drückte. Aber das hat seinen Einfluß als Integrator für rechts nicht geschmälert. Der einzige „Reformer“, Kultursenator Hassemer, mußte sich mit 57 Prozent zufriedengeben. Allerdings konnte der große Macher der Beton–Fraktion, der Bundestagsabgeordnete und Herrscher über Schwarze Kassen in seinem Bezirk Tiergarten, Peter Kittelmann, auch nicht mehr als die üblichen knapp 70 Prozent der Stimmen ergattern. Da liege ein „Rechtsruck“ vor, analysierte der Sprecher der Berliner SPD. Einen wie Lummer hätte man nicht aufstellen dürfen. Doch machte dieser Parteitag der Personalwahlen nur gut, was an Revirement nach den Skandalen nicht zu umgehen war. Man wollte zur Tagesordnung übergehen, und so geschah es: Eberhard Diepgen erging sich in Visionen über die Metropole Berlin im Jahre 2000. Die Debatte wurde erst hitzig, als es um die Beitrags–Zahlungsmoral von Prominenten ging. Einige hätten am liebsten die Namen der Staatssekretäre verlesen lassen, die es versäumen, an die Partei angemessene Summen abzuführen, weil sie ihre Posten ja der „Partei verdankten“. Doch da schob Diepgen einen Riegel vor: diese Leute verdankten ihre Jobs ausschließlich ihrem Fachwissen, nicht der Partei. Den „Reformern“, die einen Mangel an Diskussionkultur vermißten, versprach er, die Partei nicht zu „regieren“, sondern zu „führen“. Im Februar 1989 wird gewählt.