300 Millionen Mark für Kalkar

■ Neue Mittel bis 1991 von der Bundesregierung / Durch Atomrechtsänderung der SPD–Landesregierung die Zuständigkeit entziehen / Über Brüter–Blockade soll Rau im Wahlkampf stolpern

Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Die Bonner Regierung versucht im Verein mit den Herstellern des Schnellen Brüters in Kalkar dessen endgültiges Ende mit allen Mitteln zu verhindern. Durch die Mobilisierung von weiteren 300 Millionen Mark für die nächsten vier Jahre, wovon die Bundesregierung 100 Millionen trägt, soll sichergestellt werden, daß sich das Projekt durch die Blockade der SPD–Landesregierung in Düsseldorf vor der Landtagswahl 1990 durch Finanzierungsengpässe nicht selbst erledigt. Bundeskanzler Kohl habe „klare Anweisung“ gegeben, so zitiert dpa Kohls Umgebung, den Brüter fertigzustellen. Wie der Düsseldorfer FDP– Fraktionsvorsitzende Rohde gegenüber Journalisten sagte, prüft die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, durch Änderung des Atomgesetzes der Düsseldorfer Landesregierung die Zuständigkeit für die Genehmigung des Brüters zu entziehen. Umweltminister Töpfer hat darüber hinaus die Betreiber überzeugt, vorerst auf die Einlagerungsgenehmigung für die Brennelemente zu verzichten und statt dessen weitere „passive Sicherheitseinrichtungen“ und die Fertigstellung nichtnuklearer Bauteile zu beantragen. Sollte die Rau–Regierung auch dafür die Genehmigung verweigern, will Bonn Düsseldorf anweisen. Im dann unvermeidlichen Rechtsstreit glaubt man, durch eine Antragsänderung im Genehmigungsverfahren bessere Karten zu haben. Auf dieses Verfahren haben sich Bonn und die Betreiber unter Führung des RWE inzwischen verständigt. Das zuständige RWE–Vorstandsmitglied Franz– Josef Spalthoff hat öffentlich eingestanden, daß eine Bonner Anweisung nur bei der „abgemagerten Teilbetriebsgenehmigung“ - ohne Einbeziehung der Einlagerungsgenehmigung - erfolgen werde. Die Antragsänderung konnte bisher jedoch noch nicht im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium eingebracht werden, denn dort, so klagt die Atomlobby, habe man für Gespräche derzeit keine Termine frei. Die Landesregierung, die zusätzliche Sicherungsmaßnahmen des Brüters schlecht mit dem Hinweis auf Sicherheitsmängel abweisen kann, hat klargestellt, daß durch ein solches Verfahren keinesfalls die „Voraussetzungen für das positive Gesamturteil“ gegeben wäre. Ob diese Formel allerdings juristisch hinreicht, jeden Antrag abzulehen, ist mehr als zweifelhaft. Für die SPD, die gegen den zuletzt eingereichten Antrag „Widerstand bis zur letzten Instanz, dem Bundesverfassungsgericht“, (Friedhelm Farthmann) leisten wollte, birgt diese Strategie der Atomlobby hochbrisanten Sprengstoff. Im Genehmigungsfall würde die Partei rebellieren, bei Ablehnung wäre möglicherweise die juristische Niederlage vorprogrammiert. Eine kühl geplante Falle der CDU. Die „Wiederbelebung“ des Brüters begann vor ein paar Monaten mit Blüms Auftritt in Kalkar. Danach folgte das Schweizer Gutachten zum forschungspolitischen Sinn des Brüters und nun die weitere Finanzspritze. Am kommenden Wochenende wird die NRW–FDP auf ihrem Parteitag gegen die Stimmen der Jungliberalen und ein paar Abgeordneter für die Inbetriebnahme des Brüters stimmen.