Botschaftskrieg beendet

■ Französisch–iranisches Abenteuer: Austausch des iranischen Dolmetschers Vahid Gordje und des französischen Konsuls Torri in Karatschi

Aus Paris Georg Blume

Spannend wird Diplomatie erst, wenn es auch ohne diplomatische Beziehungen klappt. Das Verhältnis zwischen Paris und Teheran ist unkonventionnel genug, um der Welt ein echtes internationales Abenteuer zu bieten: ein Tauschgeschäft. Es begann am Freitagabend in Beirut mit der Freilassung zweier französischer Geiseln und endete Montag nachmittag in Karachi in Pakistan mit dem Austausch von zwei „diplomatischen“ Geiseln. Der „Botschaftskrieg“ zwischen Paris und Teheran ist beendet. Die französischen Botschaftsgefangenen in Teheran und die iranischen Botschaftsgefangenen in Paris sind frei. Und Frankreich hat im Libanon statt fünf nur noch drei Geiseln, nunmehr alle in der Hand der pro–iranischen islamischen Djihad. Der iranische Botschaftsangestellte Vahid Gordji, Zentralfigur der Affaire, verließ am Sonntag zum ersten Mal die seit Anfang Juni hermetisch abgeriegelte Botschaft des Irans in Paris. Er begab sich freiwillig zu einem Verhör bei dem französischen Untersuchungsrichter Boulouque, der den Verantwortlichen für die blutigen Pariser Attentate im September 1986 nachspürt. Als der französische Geheimdienst bei seinen Nachforschungen bezüglich der Attentate nach der Festnahme von Mitgliedern einer pro–iranischen Gruppe im März auf die Spur Gordjis stieß, der zu den Festgenommenen Kontakte hatte, flüchtete sich Gordji in die iranische Botschaft in Paris. Der Stellungskrieg an den Botschaften in Paris und Teheran begann und führte schließlich im Juli zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Paris hatte nie mehr verlangt, als Gordji dem Untersuchungsrichter vorführen zu können. Teheran aber weigerte sich. Mit dieser Haltung der Ayatollahs war für die französische Seite nun aber auch die Ehre der eigenen Justiz im Spiel, deren Vorgehen in einem Rechtsstaat keine Grenzen gesetzt werden sollten. Sein Verhör hat Untersuchungsrichter Boulouque nun bekommen, doch es handelte sich offensichtlich nur noch um eine Formalität. Aus Sorge um das Schicksal der französischen Geiseln im Libanon, die zu nationalen Märtyrern wurden, und der umzingelten Botschaftsangestellten in Teheran konnte Paris nicht lange Zeit auf rechtstaatliche Prinzipien beharren. Nachdem den freigekommenen Geiseln aus dem Libanon am Samstag in Paris ein triumphaler Empfang bereitet wurde, konnte Gordji noch am Sonntag abend mit einem französischen Flieger nach Pakistan segeln, wo er am Montag nachmittag gegen den französischen Botschaftschef von Teheran ausgetauscht wurde. Chirac kommentierte nach den Ereignissen stolz, daß man sich nunmehr „auf dem Wege der Wiederherstellung von normalen Beziehungen“ zum Iran befinde. In Frankreich reagierten Presse und Politiker fast durchweg positiv auf das Tauschgeschäft. Nachdem man das französische Irangate unter den Teppich kehrte, kann das neue französisch–iranische Abenteuer in der Tat nur ein Erfolg sein.