Beobachtung hat Tradition

■ Grüne und Alternative Liste sind schon seit längerer Zeit Observationsobjekt des Verfassungsschutzes

Berlin (taz) - „Mitglieder von K–Gruppen halten die Grünen und grün–alternativen Listen nach wie vor für geeignete Vehikel, um revolutionären Zielen näher zu kommen. Einige von ihnen wanderten dorthin ab mit dem Ziel, den ökosozialistischen Flügel innerhalb der Grünen voranzubringen.“ Diese wenig spektakuläre Erkenntnis ist dem Verfassungsschutzbericht 1986 entnommen. Die Grünen spielen darin ansonsten keine namentliche Rolle, es sei denn unter dem Sammelbegriff „Neue Linke“. Die (Anti–)Partei ist seit ihrer Entstehung Objekt verfassungsschützerischer Begierden. Insbesondere K– Gruppen–Kader und „Terrorsympathisanten“ aus der Erbmasse der Siebziger bekamen das Interesse der Späher zu spüren. Zu einem handfesten politischen Skandal wurden die Observationsaktivitäten 1985, als der Staatssekretär im Bonner Innenministerium Carl– Dieter Spranger (CSU) sich quasi per Selbst bedienung einen Einblick über „linksextremistische Einflüsse“ bei den Grünen verschaffen wollte. Weil sich insbesondere der Grünen–Abgeordnete Otto Schily während der Untersuchungen des Flick–Ausschusses als insistierender Frager herausgestellt hatte, wollte Spranger vom Dienst auch etwas über dessen „terroristische Identifikation“ wissen. Das Ergebnis seiner „Umfrage“ fand sich schließlich in der Bild wieder. Auf der sogenannten Spranger–Liste standen zehn Grüne und ihre schlecht recherchierten Biografien. Beispiel: „Joachim Müller (Ex– MdB, d.red.) beteiligte sich 1973 an Veranstaltungen der „Liga gegen den Imperialismus“ und des „Kommunistischen Studentenverbandes“. Führende Mitglieder der Berliner AL waren ebenfalls darunter. Als die AL daraufhin eine Offenlegung der „Spitzelberichte“ forderte, bestätigte der Berliner Senat bereits indirekt die neuerlichen Erkenntnisse. Die AL, so hieß es, sei Gegenstand „besonderer Aufmerksamkeit und Beobachtung“, weil sie mit „Gruppierungen eindeutig extremistischen Charakters“ zusammenwirke und sich nicht klar von der Anwendung von Gewalt distanziere. Wenn jetzt die Berliner Innenverwaltung wenigstens die Beobachtung lediglich einzelner Mitglieder einräumt, kann dies getrost als untertrieben angesehen werden. Es war der Verantwortliche in der „Abteilung Linksextremismus“ beim Bundesamt für Verfassungsschutz, Bloch, der während des Untersuchungsausschusses zur Tiedge–Affäre, als die Spranger–Affäre sie ergänzte, freimütig die Observierung der Grünen, ihrer Politiker wie auch ihrer Sitzungen und Versammlungen einräumte. Denn man wolle nicht nur erfahren, ob jemand bei der Durchsetzung verfassungswidriger Ziele Erfolg, sondern auch der Mißerfolg, etwa bei den Grünen, sei interessant. bmm