Barschels Helfer kippen reihum

■ Ex–Regierungssprecher Ahrendsen und Barschels Chefsekretärin Eichler widerrufen Entlastungen

Aus Kiel Jörg Feldner

Barschels Lieblingshelfer Ahrendsen hat es gestern aufgegeben, seinen toten Ex–Chef zu decken. Auch Barschels Chefsekretärin Brigitte Eichler hat jetzt ausgesagt, ihre Entlastungsaussagen für Barschel seien unter Druck zustande gekommen. Barschel– Verteidiger Samson hat sein Mandat niedergelegt, weil er, wie es inoffiziell heißt, von Barschel hinters Licht geführt worden ist. Inzwischen rückt auch die FDP weiter von der CDU ab: Wenn sie nicht die belasteten Figuren aus Partei, Regierung und Staatsapparat entfernt, will die FDP keine Koalition mehr, kündigte FDP– Landeschef Zumpfort an. „Die Wanne ist voll, juhuhu“, kommentierten Journalisten im Landeshaus gestern diese Knüllerserie. Ahrendsens Rechtsanwalt verlas vor dem Ausschuß das Geständnis seines Mandanten: Nun hat Ahrendsen doch nicht am 8. September aus Barschels Auto mit Pfeiffer telefoniert. Fortsetzung Seite 2 Barschel habe ihn gedrängt, dieses Gespräch auf sich zu nehmen. „Aus Mitleid“ und „mit aus heutiger Sicht übertriebener Loyalität“ habe er sich „schweren Herzens dazu bereit erklärt“, so Ahrendsen heute. Der Gedanke, nach Barschels Tod die Wahrheit zu sagen, sei ihm „regelrecht wie Verrat vorgekommen“. Ahrendsens Geständnis bedeutet: Niemand anderes als Barschel selbst hat am 8. September abends bei Pfeiffer telefonisch angefragt, ob die Beschaffung eines Abhörgerätes gelungen sei. Ja, sie habe den Empfang eines Einschreibens - mit der anonymen Steueranzeige gegen Engholm - quittiert, hat Brigitte Eichler der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Auch sie wurde von Barschel bedrängt, an Eides statt das Gegenteil zu versichern. Als sie sich zu weigern versuchte, kam Barschel ihr mit der Frage, ob sie religiös sei. Das sei sie wohl nicht, entgegnete sie, aber „ich glaube an Gott“. Daraufhin Barschel: „Ja wollen Sie denn, daß die SPD an die Macht kommt?“ Als zweites nahm Frau Eichler ihre Aussage zurück, sie selbst und nicht etwa Barschel habe den Termin zur Telefonüberprüfung klargemacht, bei der die „Wanze“ entdeckt und der SPD angelastet werden sollte. „9. September, 9 Uhr... den Termin hat er mir vorgegeben.“ Die FDP fordert von der Landes–CDU, daß deren Generalsekretär Reichardt und Parteisprecher Günter Kohl abgelöst werden. Ferner will FDP–Landesvorsitzender Zumpfort, daß der Chef der Staatskanzlei, Hebbeln, sowie die Spitzenbeamten Lützen und Lambrecht den Hut nehmen. Und als wichtigste FDP–Forderung wurde bekannt, daß die CDU bloß nicht den geschäftsführenden Ministerpräsidenten Schwarz zum nächsten CDU–Spitzenkandidaten machen soll. Der sozialliberale Flügelmann der Landes– FDP, der stellvertretende Landesvorsitzende Kubicki, hat diese Forderungen gegenüber der taz bestätigt. Allerdings sei nicht das Wort „Ultimatum“ gefallen, nur von „nachdrücklichen Forderungen“ an die CDU sei die Rede gewesen. Die CDU gab bekannt, sie wolle die FDP am 4. Dezember über den Stand ihrer Personalumschichtung unterrichten.