Rotes SDI

■ Zu Gorbatschows Raketenabwehr

Daß der Russ die Katze aus dem Sack gelassen hat, ist für mancheinen hierzulande eine Freud. Da posaunt es durch den Blätterwald, auch die Sowjets arbeiten an SDI, und Gorbatschow gibt es auch noch zu. Doch was als Sensation gehandelt wird und was die Rüstungsgilde gerne hört, erweist sich bei näherem Hinsehen schnell als Flop. Gorbatschow bestreitet nur nicht, daß die Sowjets „Grundlagenforschungen betreiben, die auch die Seiten betreffen, die in Amerika von den SDI–Forschungen erfaßt werden“. Und das ist so neu nicht. Schon in den Siebziger Jahren waren sowjetische Anstrengungen bekannt, zum Beispiel die Lasertechnik weiterzuentwickeln. Und heute weiß schon jedes Friedensbewegungskind, daß die UdSSR an einem (“hundertmal billigeren“) Raketenabwehrsystem bastelt. Doch dieses (unschöne) Tun als SDI–Projekt zu definieren, fällt auf diejenigen zurück, die die schwindende Legitimation für das US–Projekt aufrechterhalten wollen. Die sowjetischen Rüstungseinsparungen mögen die Generäle dort schmerzen. Dem Westen gibt diese Politik jedoch weiterhin die Chance, nach dem Abbau der Mittelstreckenraketen mehr zu fordern. Und daß der wunde Punkt bei der konventionellen Aufrüstung und der deutsch–französischen Nuklearzusammenarbeit liegt, zeigt nicht zuletzt die Nato–Tagung. Erich Rathfelder