Neue Putschgerüchte auf den Philippinen

■ Rechte Ultras bleiben Gefahr für Aquino–Regierung / Mehrere Putschoffiziere haben sich den Behörden gestellt / Rädelsführer bleiben im Untergrund / Reagan–Administration an Destabilisierung interessiert, solange Zukunft der US–Basen ungeklärt?

Aus Manila Gebhard Koerte

Als völliger Fehlschlag muß das Ultimatum der philippinischen Regierung, das am 30. November nach einer neunzigtägigen Frist abgelaufen ist, hinsichtlich der Rädelsführer des Putschversuchs vom 28. August gewertet werden. Nur ganze zwölf Offiziere und ein Unteroffizier beugten sich dem Druck ihrer Familien und öffentlicher Appelle. Chefstratege Oberst Honasan beschied Reportern: „Ich habe nicht vor, mich zu stellen, weil keine akzeptablen Bedingungen angeboten worden sind.“ Wochenlange Geheimverhandlungen zwischen ihm und dem Chef der Präsidentengarde Oberst Jazmin brachten keine Ännäherungen der Positionen. Den zwölf Putschisten, die sich jetzt den Behörden stellten, war eine ihrem Status entsprechende Behandlung versprochen und die persönliche Sicherheit garantiert worden: Keine Handschellen und Unterbringung in komfortablen Räumen mit Klimaanlage und Farbfernseher. Bis zum 30. November war die Kapitulation der mehr als 100 flüchtigen Militärs, die am Putschversuch vom 28. August teilgenommen hatten, möglich, ohne daß sie aus dem Militärdienst entlassen oder ihre Bezüge inklusiv der Pensionsberechtigung und weiterer Privilegien verlieren würden. Fast alle Mannschaftsdienstgrade waren nach mehrtägigen Verhören zur „Reorientierung“ zurück zu ihren Einheiten geschickt worden. Oberst Honasan besaß die Unverfrorenheit, eine volle Begnadigung und die sofortige Rückkehr in den aktvien Dienst zu fordern, obwohl „sein“ Coup mindestens 53 Tote und um die 300 Verletzte gefordert hatte. Eine interessante und keineswegs abwegige Erklärung für den Kapitulationsrummel der letzten Tage ist dessen mögliche Tarnfunktion für intensives Bemühen der Militärrebellen hinter den Kulissen. „Operation big push“ soll in Vorbereitung sein. Wenn die Gerüchte stimmen, soll der Entscheidungsschlag gegen die Aquino–Regierung noch vor Weihnachten ausgeführt werden, um die am 18. Januar stattfindenden Lokalwahlen, die zu einer weiteren Legitimierung der bürgerlichen Demokratie und zur Festigung der Administration führen könnten, zu verhindern. Oberst Honasan besitzt weiterhin breite Unterstützung im Militär. Während des Taifuns in den vergangenen Wochen besuchte er zum Beispiel seine Familie, die im Hauptquartier der Streitkräfte wohnt, ein Indiz, daß er dort über beste Kontakte verfügt. Zumindest für die unteren Ränge ist Honasan, der schon bei der „Februar–Revolution“ eine prominente Rolle spielte, endgül tig zum Helden aufgestiegen. Einer Umfrage zufolge wird er auch von 20 Prozent aller Offiziere offen unterstützt, weitere 30 Prozent äußerten, sie hätten das Recht, sich in Regierungsangelegenheiten einzumischen. Sollte es Honasan gelingen, sich mit einer weiteren Gruppe rebellischer Militärs unter Führung von Brigadegeneral Jose Zumel und Oberstleutnant Cabauatan zu verständigen, könnte der militärische Geheimdienst mit seiner Einschätzung, ein Militärputsch unter der Führung von Honasan sei möglich, recht behalten. In ihrer Fixierung auf die Ideo logie der „nationalen Sicherheitsdoktrin“ stimmen die aufrührerischen Fraktionen überein. Einzig die unterschiedlichen Loyalitäten zu Enrile bzw. Marcos trennen die rechten Aufrührer. Ein Problem, das nach einem erfolgreichen Staatsstreich gelöst werden könnte, indem man Marcos eine ehrenvolle Rückkehr in seine Heimat erlaubt und in einer von Enrile geführten Junta die beratende Rolle des „elder statesman“ zugesteht. Enrile hat sich nie von Honasan distanziert, sondern im Gegenteil die Ereignisse vom 28. August gerechtfertigt: Das Versagen der Aquino–Regierung in nationaler Führung habe junge und idealistische Offiziere zum versuchten Sturz veranlaßt. Der philippinische Ex–Präsident Macapagal, Marcos–Vorgänger und mit der Geheimdiplomatie der Amerikaner eng vertraut, hat öffentlich erklärt, was viele seiner Landsleute schon lange argwöhnten: „Nach meiner Meinung werden die Staatsstreiche und Destabilisierungsversuche solange nicht aufhören, bis die Reagan–Administration mit den Aussichten für die Erhaltung ihrer Militärbasen nach 1991 zufriedengestellt sind.“ Aquino hat ihre Optionen bislang offengehalten.