Kambodscha sucht nationale Aussöhnung

■ Gespräche zwischen der pro–vietnamesischen Regierung Kambodschas und der nationalen Opposition / Einigung in vier Punkten erzielt - Inhalte bisher nicht bekannt / Folgetreffen in Nordkorea vereinbart / Positive Signale aus Peking und Moskau

Aus Paris Georg Blume

Für Kambodscha gibt es einen neuen Traum vom Frieden. Erstmals, seit vietnamesische Truppen im Januar 1979 Pnom–Penh besetzten, begannen am Mittwoch in dem kleinen Städtchen Fere–en– Tardenois nordöstlich von Paris Gespräche zwischen der pro–vietnamesischen Regierung Kambodschas und der nationalen Opposition. Kein geringerer als Kambodschas Ex–Monarch Prinz Noro dom Sihanouk, bis vor kurzem Chef der „Koalitionregierung für ein demokratisches Kambodscha“, (GCKD) traf sich mit dem neuen starken Mann von Pnom– Penh, Premierminister Hun Sen. Auch wenn über den Inhalt der Gespräche bisher nichts bekannt wurde, scheint es nicht mehr verfrüht, ihnen einen Erfolg vorauszusagen. Auf vier Punkte hätte man sich einigen können, so gaben Sihanouk und Hun Sen bekannt, ohne diese Punkte weiter zu benennen. Bis heute sollten die Ver handlungen fortdauern, und ein Folgetreffen zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt in Nordkorea sei bereits vereinbart. Befindet sich Kambodscha auf dem Weg zu einer nationalen Aussöhnung? Einige Anzeichen sprechen dafür. Obwohl Hanoi seit nunmehr genau neun Jahren über die Macht in Pnom–Penh verfügt, blieb der militärische Konflikt mit der nationalen Guerilla ungelöst, in der Anhänger Sihanouks, Pol Pots und des inzwischen stark geschwächten Republikaners Son Sann kämpften. Immer teurer wurde dieser Stellungskrieg für Hanoi, doch erst in diesem Jahr lenkte man ein. Am 27. August verfaßte die Regierung in Pnom– Penh einen Aufruf zu einer „Politik der nationalen Versöhnung“. Am 8. Oktober wünschte man in einer „Erklärung zur politischen Lösung des Kambodscha–Problems“, daß „alle Kambodschaner mit patriotischen Idealen sich in einer einheitlichen Union versammeln, um für die Entstehung einer fortschrittlichen und gerechten Gesellschaft zu arbeiten“. Erstmals sprach man in Pnom– Penh gegenüber der Opposition offiziell von einer politischen Konfliktlösung. Sihanouk, der Kambodscha als letzter zu Friedenszeiten regierte (bis 1970) und im Lande nicht zuletzt deshalb ungetrübte Popularität genießt, war fortan erster Ansprechpartner der Regierung, zumal er zuvor von dem Bündnis mit Pol–Pot im Rahmen der GCKD Abstand genommen hatte. Maßgebend für die Annäherung zwischen Sihanouk und Hun Sen sind zudem neue Signale aus Peking und Moskau. Mit der Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zu dem pro–vietnamesischen Laos seit dem 1. Dezember setzte China ein deutliches Zeichen. Kurz darauf, am Dienstag, äußerte sich der sowjetische Vizeaußenminister und führende Moskauer Asienpolitiker Igor Rogatchev mit erstaunlichem Optimismus: „Die chinesischen Kollegen haben mir erklärt, daß China verstanden hat, daß der neunjährige militärische Konflikt in Kambodscha die Unmöglichkeit zeige, diese Frage mit Waffen zu lösen. Sie sagten auch, daß sie nicht mehr die Rückkehr Pol Pots nach Pnom– Penh forderten. Das ist das erste Mal, daß sich die Chinesen mit einer solchen Klarheit zu dem Thema äußern.“ Rogatchev erklärte weiterhin, daß Moskau „mit allen Mitteln“ bereit sei, zu einer politischen Lösung des Kambodscha–Konfliktes beizutragen.