Umberto Eco angeklagt

■ Der Schriftsteller hatte ein faschistisches Hetzplakat als faschistisch bezeichnet / Neofaschisten fühlten sich beleidigt

Aus Rom Werner Raith

„Kannibalen, Beduinen, Rabbiner - raus aus Italien“ - der Text eines Plakats an der Universität Bologna Anfang April 1987, während der Wahlen zum Studentenparlament. Umberto Eco, der in Bologna Philosophie lehrt, nahm das Transparent zum Anlaß, in seiner wöchentlichen Rubrik „La bustina di Minerva“ in der Zeitschrift LEspresso den „neuen Rassismus“ zu denunzieren, der neben Juden nun auch Araber und Zigeuner zu „Untermenschen“ oder „Weltverschwörern“ ernennt. In diesem Zusammenhang zitierte er auch einen der wieder ausgegrabenen Ideologen des italienischen Faschismus, den Schriftsteller Julius Evola, mit seiner Einleitung zum Hetzwerk „Die Protokolle der Weisen von Zion“ - und nannte dann das „Raus aus Italien“–Plakat schlicht „faschistisch“. Das aber stellt nach Meinung eben jener Gescholtenen eine massive Beleidigung dar, und so zeigten fünf Mitglieder der Bologneser Neofaschisten–Sektion - darunter ein Abgeordneter - Eco wegen übler Nachrede an: Sie hätten mit dem inkriminierten Plakat nichts zu tun, Eco habe „künstlich eine Verbindung zwischen ihnen und dem Rassismus hergestellt“. Umberto Eco und der mitangeklagte LEspresso–Herausgeber Valentini sehen dem Prozeß am heutigen Samstag allerdings eher vergnügt entgegen - mittlerweile nämlich ist es der Polizei gelungen, die Urheber des Hetzplakates ausfindig zu machen. Und diese, alle drei eingeschrieben in die Neofaschisten–Jugendorganisation „Fronte della gioventu“, haben erklärt, ihre Plakataktion ausdrücklich einem ihrer Bosse in Bologna mitgeteilt zu haben - eben jener Sektion, die Eco vor Gericht zitiert hat.