Teheran rührt die Kriegstrommel

■ Irans militärische Drohgebärden bringen keinen diplomatischen Erfolg / Widerstand der UdSSR gegen Waffenembargo wird schwächer

Aus Manama William Hart

„Es ist richtig, es gibt eine beispiellose Mobilisierung der Kräfte in Iran. Sie sind bereit zu handeln und sie werden ordentlich handeln, wenn es notwendig wird.“ Der iranische Vizeaußenminister Larijani legte nach seinen Gesprächen mit UN–Generalsekretär Perez de Cuellar in New York Selbstsicherheit an den Tag. Iran demonstriert Stärke, um seine Forderung nach Verurteilung Iraks als Aggressor politisch zu erzwingen. Aber dieser Versuch, Vorbedingungen für einen Waffenstillstand im Golfkrieg zu stellen, scheint zu scheitern. Erstmals seit Wochen zeichnen sich wieder Gemeinsamkeiten zwischen den USA und der Sowjetunion in der Frage des Golfkrieges ab. Die Islamische Führung in Teheran hat den Bogen überspannt. Richtig grimmig war der sowjetische Staatspräsident Gromyko, als er am Samstag den iranischen Botschafter in Moskau empfing. Iran tue praktisch nichts, um den Krieg zu beenden, meinte er und fügte hinzu, jeder Tag seiner Verlängerung sei zuungunsten Irans. Zur gleichen Stunde erschien in der kuwaitischen Zeitung Al Qabas ein Interview mit Richard Murphy, in dem der US–Vize– Außenminister erklärte, die sowjetische Zustimmung für ein Waffenembargo gegen Iran sei absehbar. Damit zeichnet sich für das Reagan–Gorbatschow–Treffen doch noch eine gewisse Übereinstimmung der Supermächte in dieser Frage ab. Dieser sich anbahnende Schulterschluß bringt Iran in eine unangenehme Situation. Die Führung in Teheran bläst seit Wochen zum Angriff. Sie hatte Erfolg bei der Mobilisierung der Freiwilligen. Fehlt die Begeisterung, sind es oft Versprechungen auf Vergünstigungen, die junge Männer an die Front treibt. Im Falle des Überlebens winkt ein Studienplatz, im Todesfall kann ein Familienmitglied die Universität besuchen. In einer beispiellosen Propagandakampagne wurden seit drei Wochen die Erwartungen hochgeschraubt. Von einer militärischen Entscheidung sprachen die Mullahs, mit dem Ergebnis, daß sich Irak wie noch nie auf diesen Angriff östlich von Basrah vorbereitet hat. Da kaum damit zu rechnen ist, daß Iran auf den angekündigten Angriff verzichtet, zeichnet sich die blutigste Schlacht des gesamten Krieges ab. Die Ausgangslage für Iran ist ungünstiger als bei der Großoffensive an gleicher Stelle zu Beginn des Jahres. Es fehlt nicht nur der Überraschungseffekt, sondern auch die Waffen aus den USA. Die im Sommer vergangenen Jahres gelieferten Flugabwehrraketen sind verschossen. Immer weniger F4– und F5–Flugzeuge sind wegen Ersatzteilmangels einsatzbereit. Und die F14 müssen ohne die Tomcat–Luftabwehrrakete aufsteigen. So sind die iranischen Voraussetzungen trotz der Mobilisierung ungünstiger als in der Vergangenheit. Es ist jedoch kaum zu erwarten, daß sich der Schwerpunkt der Spannungen wieder auf die Golfgewässer selbst verlagert. Die iranischen Revolutionswächter setzen zwar immer größere Waffen gegen Tanker ein, aber es handelt sich nach wie vor um Vergeltungsaktionen. Auch die Treffer auf die Schiffe aus Dänemark und Singapur am Sonntag morgen waren die Vergeltung für irakische Angriffe der vergangenen Woche. Ein Toter auf dem Tanker aus Dänemark und die vollständige Zerstörung des Schiffes aus Singapur zeigen, daß Iran nicht mehr symbolisch angreift. Irak wird den Luftkrieg fortsetzen. Erst am Freitag hatte Bagdad wieder einen Erfolg gemeldet. Dabei stellte sich nachträglich heraus, daß saudiarabische Soldaten auf einer Insel im Golf bombardiert worden waren.