P O R T R A I T Ein CDU–Mann der ersten Stunde

■ Der langjährige Spitzenpolitiker der CDU, Peter Lorenz, ist gestorben

Er war ein Berliner. Geboren am 22. Dezember 1922, starb Peter Lorenz gestern mittag in seinem Haus in Zehlendorf an Herzversagen. Die CDU Berlin reagierte mit „Bestürzung und Betroffenheit“ auf den plötzlichen Tod ihres langjährigen Spitzenpolitikers. Peter Lorenz gehörte zu den Männern der ersten Berliner Nachkriegsstunden: Er war Angestellter des Magistrats 1945, dann in der sowjetischen Besatzungszone in der Abteilung für Handel und Versorgung. Der CDU gehörte er seit 1945 an. 1966 erschien sein Buch „Wie es begann. 20 Jahre Junge Union in Berlin“. Von 1954 bis 1980 war er Abgeordneter, seit Anfang der sechziger Jahre an führender Stelle des Landesvorstands. In den siebziger Jahren war er Spitzenkandidat der Union, von 1975–80 Parlamentspräsident und 1975 fünf Tage lang politischer Gefangener. Als „Gefangener des 2. Juni“ wurde Peter Lorenz weltweit bekannt. Drei Tage vor den Abgeordnetenhauswahlen am 27. Februar 1975 entführte die „Bewegung“ den Spitzenkandidaten, der mit dem Slogan „Mehr Tatkraft schafft mehr Sicherheit“ die Vormacht der SPD brechen wollte. Zwei Tage nach der Wahl entließen seine Entführer ihn aus dem „Volksgefängnis“ in Kreuzberg, nachdem die Bundesregierung fünf Gefangene im Austausch für Lorenz nach Aden hatte ausfliegen lassen. Seine Erfahrungen als „Volksgefangener“ haben Lorenz nicht zum Haß gegen Andersdenkende getrieben. Im Prozeß gegen seine Entführer würdigte er die anständige Behandlung, die diese ihm zuteil werden ließen. Doch trug er den politischen Denkprozeß, der nach diesem Einschnitt in seinem Leben einsetzte, nie öffentlich aus. Eine Karriere hat er auch nicht damit machen können. In den fünfziger Jahren gehörte Peter Lorenz zu einem Kreis von acht Leuten (u.a. Stingl, Benda, Luster) gegen die „Weimarer Spätlese“ seiner Partei. In den späten siebziger Jahren wurde er selber Opfer eines Generationenwechsels in der Berliner CDU und mußte Richard von Weizsäcker weichen, den Diepgen und Landowsky nach Berlin geholt hatten. Lorenz ging nach Bonn, wo er als elder statesman der Berliner Union fungierte. mk