Zirkelschluß

■ Massenentlassungen erleichtern neue Massenentlassungen - Subventionspolitik alleine hilft in der Stahlkrise auch nicht weiter

Flammen über der Ruhr werden prognostiziert. Die Presse von links bis rechts taxiert das revolutionäre Potential der Arbeiter im „Pott“, Spekulationen, die den traurigen Beigeschmack eines Tests haben, wieviel an Zukunftsangst, Aussichtslosigkeit und womöglich Not sich das Proletariat jener Region zumuten läßt. Da mag auch eine Rolle spielen, daß der Überdruß über die Kämpfe an den Bauzäunen die Neugier auf die Kämpfe um die „Standorte“ fördert. Ist das schon der öffentliche Rahmen, mit dem die Akzeptanz der Ruhrgebietskrise vorbereitet wird? Dabei ist es aber so, daß nicht nur eine Krise der Wirtschaft, sondern auch eine der Politik, insbesondere eine Krise der totalen Verfilzung von Wirtschaft und Politik dem Untergang des Reviers entgegenstürzt. Alles spricht dafür, daß Hattingen, Rheinhausen, Köln nicht nur Reaktionen auf rote Zahlen in Konzernbilanzen sind, sondern auch politische Termine. Verfehlte Standortpolitik, verpaßte Modernisierung, versäumte Produktumstellung und sogenannte „Managementfehler“ sind in den betreffenden Fällen längst bekannte Tatsachen gewesen. Die von Klöckner Humboldt Deutz angekündigten Massenentlassungen entspringen einer Konzernpolitik, die schon im Jahre 1984 falsch war. Noch im Frühjahr schüttete der Konzern an die Eigner Gewinne aus, als die Höhe der Verluste schon absehbar war. Der Verdacht besteht, daß Massenentlassungen Massenentlassungen zeitigen, daß der seit Jahren anstehende Rückzug aus der Stahlindustrie jetzt die Gunst der Stunde gefunden hat. Je rapider die Anzahl der unmittelbar bedrohten Arbeitsplätze und die Zahl bedrohter Kommunen sich steigern, desto besser ist die Verhandlungssituation der Konzerne. Der Staat und die Politik von Land und Bund haben diesen ganze Städte einem einzigen Konzern auslieferten; subventioniert wurde die Nicht–Anpassung an einen sich verändernden Markt. Am selben Tag, an dem KHD die Massenentlassungen ankündigte, ließ die SPD den Versuch einer überparteilichen „Stahlfraktion“ scheitern. Parteipolitisch mag das kurzfristigen Gewinn im Sinne einer vorwegnehmenden Schuldverteilung abwerfen. Die Forderung der NRW–Landesregierung jedoch ist ein unüberbietbar einfallsloser Refrain: Die Sta AUTOR_________: Klaus Hartung