Verfassungsschutz deckte Komplott

■ Niedersächsischer Verfassungsschutz wußte von Mordversuch an kanarischem Separatisten

Aus Hannover Jürgen Voges

Der niedersächsische Verfassungsschutz hat sich im Jahre 1978 an einer Operation des spanischen Geheimdienstes beteiligt, die die Ermordung des Führers der „Befreiungsbewegung für die Kanarischen Inselns“ (MPAIAC), Antonio Cubillo, zum Ziel hatte. Das niedersächsische Innenministerium bestätigte gestern, daß der im Rahmen der „Operation Neuland“ eingesetzte V–Mann Jelco Susak den niedersächsischen Verfassungsschutz am 28.2.1978 über das geplante Attentat auf Cubillo informiert hat. Der Jugoslave Susak habe damals mitgeteilt, daß der spanische V–Mann „Paco“, mit dem zusammen er in die von Algerien aus operierende MPAIAC eingeschleust wurde, ein Attentat gegen Cubillo unternehmen sollte, erklärte der Sprecher des Innenministeriums. Die Attentatspläne des spanischen Geheimdienstes, so rechtfertigte Ministeriumssprecher Volker Benke diese Zusammenarbeit, seien allerdings zeitlich so vage gewesen, daß man von einer Beteiligung des Verfassungschutzes an dem Anschlag nicht sprechen könne. Der Mordversuch wurde allerdings am 5.4.1981 tatsächlich ausgeführt. Fortsetzung auf Seite 2 Dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß zum Celler Loch sind geheime Informationen über die Beteiligung des Verfassungsschutzes an dem Mordkomplott allerdings schon länger zugänglich. Das Schreiben des V–Mannes Jelco Susak, dessen Existenz das Innenministerium jetzt bestätigte, findet sich in Band 22, Blatt 140, der geheimen Akten dieses Ausschusses. Jelco Susak, der von dem Agenten Werner Mauss dem niedersächsischen Verfassungschutz als V–Mann empfohlen worden war, hielt sich damals auf Gran Canaria auf, von wo aus die ebenfalls vom Agenten Werner Mauss konzipierte „Operation Neuland“ organisiert werden sollte. Mit Hilfe der Kontakte von Werner Mauss zum spanischen Geheimdienst sollte Susak in ein Ausbildungslager von Guerillas in Algerien eingeschleust werden, in dem sich angeblich auch Deutsche aufhielten. In dem Luftpostbrief teilte Susak dem Verfassungsschutz dann aus Las Palmas mit, daß sein Kontaktmann beim spanischen Inlandsgeheimdienst, „Paco“, vom CIA mit der Ermordung Cubillos beauftragt worden sei. „Paco“, der Susak den Kontakt zur MPAIAC verschaffen sollte, hatte dies dem niedersächsischen V–Mann selbst mitgeteilt. Susak muß den Verfassungschutz auch persönlich noch über die Attentatspläne seiner spanischen Kontaktleute informiert haben. Noch am 11.3.78 kam es, laut Bericht der Landesregierung an den Untersuchungsausschuß, in Las Palmas zu einem Treffen zwischen Susak, seinem V–Mann Führer Manfred Borrak und dem Ehepaar Mauss. Nach dem Bericht reiste Susak „mit spanischer Unterstützung“ am 24.3. zum ersten Mal nach Algier und fand auch Zugang zur MPAIAC und zu Cubillo. Bereits am 5. April wurde dann tatsächlich ein Attentat auf den MPAIAC–Führer verübt, bei dem dieser laut Bericht der Süddeutschen Zeitung „durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt“ wurde. Algerien machte schon damals den spanischen Geheimdienst für das Attentat verantwortlich. Zum Zeitpunkt des Mordanschlages befand sich Susak selbst allerdings schon wieder außerhalb von Algerien. Der V–Mann wurde jedoch, als er im Juli des gleichen Jahres wiederum nach Algerien einreiste und Kontakt zu Cubillo suchte, verhaftet und der Spionage beschuldigt. In der Haft sei Susak dann auch mißhandelt worden. Auf die Frage, warum der V– Mann trotz der Verwicklung in das gescheiterte Attentat noch einmal nach Algerien gesandt worden sei, erklärte das Innenministerium gestern nur: „Susak hatte seinen Auftrag in Algerien noch nicht ausgeführt.“