Wissenschaftshamster

■ Die Versuchswut und die Gentechnologie

Irgendwo in der BRD versuchen also ReproduktionsmedizinerInnen, menschliche Eizellen mit Eizellen von Hamstern zu verbinden. Wäre der Vorgang nicht so brisant, müßte man den an solchen Experimenten beteiligten WissenschaftlerInnen viel Erfolg wünschen: ihre Mentalität, Ergebnisse egal welcher Art und um welchen Preis zu hamstern, verdient es, in einen auf sie zugeschnittenen Körper gesteckt zu werden, damit schon von weitem zu erkennen ist: Achtung - in diesem Laufrad arbeitet sich eine Koryphäe ab! Das Experiment, so aberwitzig es erscheinen mag, ist von der Ethikkommission der Bundesärztekammer genehmigt worden - so wie 1986 drei weitere Experimente ähnlicher Art auch. Eine Ethikkommission, das ist daraus zu lernen, verhindert zumindest recht zweifelhafte Versuche nicht. Wer bisher die Warnungen vor hemmungslos nach Experimentiermöglichkeiten gierenden MedizinerInnen für übertrieben gehalten hat, kann nach den nun bekanntgewordenen Fakten über gentechnische Versuche nicht mehr sagen, er habe nichts gewußt. Die Reproduktionsmedizin braucht Versuche an Embryonen und führt sie auch durch. Und wenn ihr die Begrenzung von Experimenten auf vierzehn Tage alte menschliche Embryonen nicht mehr opportun erscheint, wird sorgfältigst begründet, warum eine Vier–, Sechs–, Acht– oder Zwölf– Wochen–Grenze nützlich und dem wissenschaftlichen Fortschritt (wohin?) dienlich ist. Jede Ausnahmeregelung in diesem höchstsensiblen Bereich der Gentechnik öffnet Medizintechnokraten, deren höchstes Ziel es ist, „die medizinische Praxis zu optimieren“, und ihrer Versuchsroutine Tür und Tor. Oliver Tolmein