Weitere Verhaftungen in Tibet

■ Massive chinesische Militärkonzentration in der „Autonomen Region Tibet“ / China plant eine Gegendemonstration zu den Protestaktion / 230.000 Soldaten contra 1,8 Millionen Einwohner?

Von Jürgen Kremb

Mit einer massiven Militärkonzentration und einer staatlichen Gegendemonstration versucht die chinesische Regierung in der „Autonomen Region Tibet“ gegenwärtig wieder an Boden zu gewinnen. Zwei Monate nach den Demonstrationen auf dem Dach der Welt, bei denen wahrscheinlich 19 Menschen ums Leben kamen, hat die chinesische Regierung zusätzliche 30.000 Soldaten rund um die Provinzhauptstadt Lhasa stationiert, wird aus exiltibetischen Kreisen berichtet. Damit hätte sich die Zahl der chinesischen Soldaten in der „Autronomen Region Tibet“ auf 230.000 erhöht, die etwa 1,8 Millionen Einwohnern gegenüberstehen. Wie der Tibet Information Ser vice aufgrund von Briefen aus dem Hochland erfahren haben will, wurde allein das Arbeitslager Sangyip mit 3.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee umstellt. In dem Knast in der Nähe der tibetischen Hauptstadt sind normalerweise nur 1.000 Gefangene untergebracht. Deshalb vermutet die Informationsstelle der Auslandstibeter, daß dort jetzt alle Regimegegner und Demonstrationsteilnehmer inhaftiert sind, die bei zahlreichen Aktionen gegen die chinesische Militärpräsenz protestiert hatten. „Noch dauern die Verhaftungen an“, heißt es in einem Brief, der beim Tibet Information Service einging. „Jeder Tibeter, der durch Fotos bei den Demonstrationen identifiziert werden konnte, ist verhaftet worden. Besonders hart wird gegen Tibeter vorgegangen, die Mitglied in der KPCh sind.“ Wie es aus mehreren Quellen bestätigt wurde, planen die staatlichen chinesischen Stellen offenbar eine Gegendemonstration. Die Bewohner von Lhasa werden bei Hausbesuchen davon informiert, daß eine Teilnahme Pflicht ist. Damit scheint die chinesische Regierung aber offenbbar den Volkszorn der Tibeter noch mehr anzuheizen. Prominente Tibeter, die in der Vergangenheit mit den Chinesen zusammengearbeitet haben, fürchten gegenwärtig Ausschreitungen der Bevölkerung, berichtet der Informationsdienst. Zahlreiche von ihnen hätten sich in das hochgesicherte Militärcamp Phagri in der Nähe von Lhasa zurückgezogen.