Alte Schläuche

■ Realsozialisten gegen unabhängige Friedensgruppen

Welcher Teufel hat ausgerechnet jetzt die realen Sozialisten geritten, daß sie am Tag der Menschenrechte und des warmen Händedrucks in Washington gegen ihre eigenen unabhängigen Menschenrechtsgruppen vorgehen? Da schalmeit man jenseits der Mauer über Wochen von der Verbesserung der internationalen Atmosphäre und der Hoffnung der Menschheit auf Abrüstung - und sprengt gleichzeitig die Treffen derer, die damit ernst machen wollen. Und daß die DDR–Behörden eine Gruppe von Leuten, die einen Brief an die höchst offizielle „Menschenrechts“organisation abgeben wollen, in einem Lastwagen abtransportieren, setzt dem die deutsche Krone auf. Und wo bleibt Gorbatschows „Neues Denken“, wenn die sowjetischen Behörden kleinkarierte Einreiseverbote für jene erlassen, die jahrelang die westliche Friedensbewegung beflügelten? Wenn ein Kommentator der „Stimme der DDR“ gar nicht verstehen will, warum es im Westen so einen Presseaufruhr wegen einer kleinen Gruppe von Menschenrechtlern gibt, und auf den Gipfel verweist, verrät er, worum es den Ein–Parteien–Sozialisten bei der Verbesserung der Atmosphäre auch noch geht: Die Menschen in Ost und West sollen sich abfinden mit dem Ststus Quo und bei Gott nicht selbst aktiv werden, um der in der Sowjetunion versprochenen Reform auf die Sprünge zu helfen. Die neue Entspannung soll das Werk der Regierenden bleiben. Unwägbarkeiten und unkontrollierte Friedensbemühungen bleiben da außen vor. Der Frieden von oben ist nur neuer Wein in alten Schläuchen. Erich Rathfelder