Militär: „Volksaufstand“ in Israel

■ Proteste gegen die Besatzung der Westbank und des Gaza–Streifens auch am Wochenende / Mindestens sechs Tote in den letzten vier Tagen /Ausgangssperre im Lager Balata

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israelische Offiziere in der besetzten Westbank und dem Gaza– Streifen haben die stürmische Entwicklung der letzten Tage als einen „palästinensischen Volksaufstand“ bezeichnet. Polizeiminister Chaim Barlev und andere Regierungsmitglieder wiesen diese Wortwahl jedoch als „übertrieben“ zurück. Unterdessen beraten christliche Geistliche in den besetzten Gebieten darüber, ob die traditionellen Weihnachtsfeiern am 24.Dezember in Bethlehem angesichts der jüngsten Entwicklung abgesagt werden sollen. Bei den Protesten gegen die Besatzung wurden in den letzten vier Tagen unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen sechs und acht Palästinenser getötet. Über das Flüchtlingslager Balata bei Nablus wurde eine Ausgangssperre verhängt, nachdem am Freitag drei - nach Angaben der PLO vier - Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen worden waren. Vor allem im Gaza–Streifen gingen die breiten Protestaktionen und Streiks auch am Sonntag weiter. Fast 100.000 Arbeiter, die täglich als Tagelöhner nach Israel kommen, blieben zuhause. Soldaten zwangen die Bevölkerung, Barrikaden und Straßensperren, die palästinensische Jugendliche errichtet hatten, aus dem Wege zu räumen. Die Anzahl der verwundeten Palästinenser ist groß, aber nur ein kleiner Teil von ihnen traut sich, ein Krankenhaus aufzusuchen, weil die Erfahrung zeigt, daß Verwundete verhaftet und in Gefängnisse überführt werden. Die Militärverwaltung will nun eine Doppelstrategie einschlagen: Einerseits soll scharf gegen palästinensische Führer und Institutionen, die den Widerstand gegen die Besatzung unterstützen, vorgegangen werden; andererseits soll jedoch eine Eskalation vermieden werden. Gemäßigte arabische Geschäftsleute werden aufgefordert, ihren beschwichtigenden Einfluß auf die Bevölkerung geltend zu machen.