Frühschoppen–Kater

■ Werner Höfers nazistische Linientreue hat Folgen

Berlin (taz) - „Nein“ war noch im September Werner Höfers kategorische Antwort auf die Frage der taz, ob er der Autor des Nachrufs auf den Pianisten Karlrobert Kreiten im Berliner 12–Uhr Blatt von 1943 war. Kreiten war damals gerade wegen Äußerungen gegen das Nazi– Regime hingerichtet worden. Höfer hatte gegenüber der taz behauptet, die nazistischen Phrasen im Nachruf seien ihm „hineinredigiert“ worden. Nach einem Bericht des Spiegel scheint diese Behauptung nun mehr als unwahrscheinlich. Daß Höfer gar nicht wußte, wer Kreiten war - er hatte ihn im Nachruf nicht beim Namen genannt -, kann schon deshalb nicht sein, weil am selben Tag ein Nachrichtenartikel über Kreitens Hinrichtung im 12–Uhr Blatt stand. Außerdem präsentiert der Spiegel soviele weitere Artikel Höfers aus der Zeit, daß an seiner Linientreue nicht der geringste Zweifel sein kann. Neu sind die Vorwürfe des Spiegel nicht. 1962 hatte die DDR Belastungsmaterial gegen Höfer, der seit 1933 in der NSDAP war, vorgelegt. 1982 war Fred K. Priebergs Dokumentation „Musik im NS–Staat“ erschienen, die Höfers Fall eingehend schildert. 25 Jahre nach den ersten Vorwürfen wird der WDR umtriebig: Auf Veranlassung des WDR–Intendanten soll der Programmdirektor Manfred Jenke nun „die Vorwürfe, die über das bisher Bekannte hinausgehen“, sorgfältig prüfen. Am Mittwoch wird über Konsequenzen entschieden. Höfer ist inzwischen 74 Jahre alt und als Moderator des „Internationalen Frühschoppen“ beim WDR nur noch freier Mitarbeiter. Thierry Chervel Kommentar auf Seite 4