Querflöten und Bordellnächte

■ Bestechungsskandal um die Hanauer Atomfirma Transnuklear / Gesamte AKW–Branche hielt jahrelang die Hände auf / Im Angebot alles von A wie Auto bis T wie Transi–Show

Berlin (taz) - Die Bestechungsaffäre um die Hanauer NUKEM–Tochter Transnuklear betrifft die gesamte Branche. Über Jahre hinweg wurden rund 21 Millionen Mark an Mitarbeiter von Atomkraftwerken „ausgeschüttet“. Das Angebot war reichhaltig: Farbfernseher, Videorecorder, Geschirrspüler, Auto, Gewehr, Mofa, Sofortbildkamera, Querflöte, Türkeireise, Telespiel, aber auch Gratis–Vögeln im Bordell oder Besuche von Transvestiten–Shows wurden spendiert, dazu jede Menge Bares. Die Bestochenen hatten freie Wahl bis hin zur Marke des Fernsehers. Die Hände aufgehalten haben Strahlenschützer und Ingenieure der Preußenelektra (sie steckt am tiefsten im Sumpf), der Hamburgischen Elektrizitätswerke, der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen, der Bayernwerke, der Technischen Werke Stuttgart, Neckarwerke Elektrizitätsversorgungs AG, der Rheinisch–Westfälischen Elektrizitätswerke AG, also fast sämtlicher AKW–Betreiber. Dazu kommen die Bundesbahn und das Kernforschungszentrum Karlsruhe. Die Bestechungen liefen als „Kundenpflege“ und sollten ein weiterhin florierendes Geschäft der wichtigsten deutschen Transportfirma mit radioaktiven Abfällen garantieren. Aufgeflogen waren die Bestechungen, als bei Wirtschaftsprüfungen bei Transnuklear Unregelmäßigkeiten auffielen. Es fehlten Belege, Rechnungen waren zu hoch ausgestellt worden, einige waren fingiert, Scheinfirmen erhielten Millionen. Die zuviel abgerechneten Beträge wurden auf Schweizer Schwarzgeldkonten gesammelt und dann als „Aquisitionserleichterungen“ (neudeutsch für Schmiergelder) an die Branche quer über das Land verteilt. Inzwischen sind von Würgassen bis Neckarwestheim rund 50 Mitarbeiter, die in die Affäre verwickelt sind, entlassen worden. Die Zahl der „Betroffenen“ wird auf mehr als 100 Personen geschätzt, selbst die Staatsanwaltschaft Hanau kann hier noch keine genauen Angaben machen. Ein Diplomingenieur der Preussenelektra und ein Prokurist der Transnuklear haben sich inzwischen umgebracht. Transnuklear ist ein AKW–Service–Unternehmen mit 140 Beschäftigten. Transnuklear transportiert Kernbrennstoffe und radioaktive Abfälle und demontiert verseuchte Anlagen–Komponenten. -man–