: Rebmann: Einer hat sich gemeldet
■ Angeblich Kontaktversuch einer in Sachen Terrorismus gesuchten Person mit der Bundesanwaltschaft / Rebmann behauptet, jetzt müsse man mit weiteren Morden aus der „autonomen terroristischen Szene“ rechnen
Aus Karlsruhe Rolf Gramm
Eine wegen terroristischer Straftaten gesuchte Person hat angeblich versucht, mit der Bundesanwaltschaft Kontakt aufzunehmen. Das sagte Generalbundesanwalt Kurt Rebmann gestern auf seiner routinemäßigen Halbjahrespressekonferenz in Karlsruhe. Hatte Rebmann zunächst im Plural von „ersten Kontaktierungsversuchen“ geredet, so erklärte er auf Nachfragen: „Die Kontaktierung betrifft eine Person, die auf freiem Fuß ist.“ Nähere Angaben waren dem Generalbundesanwalt nicht zu entlocken. Rebmann sieht in dieser versuchten Kontaktaufnahme den Beweis dafür, daß die Haftentlassung von „verurteilten Terroristen, die sich vom Terrorismus klar losgesagt haben“, nach Verbüßung von zwei Dritteln ihrer Strafe „als Signal gewirkt hat“. Die Freilassung von Siegfried Haag, Christof Wackernagel und Gert Schneider könnte nach Auffassung des Generalbundesanwalts „Anlaß zum Nachdenken in der Kommando–Ebene der RAF“ geben und einer der Gründe für „die jetzige Unterbrechung der Anschlagsaktivitäten“ der RAF sein. Mit den Schüssen auf die Polizisten an der Startbahn West müsse man jetzt davon ausgehen, daß gezielte Morde im Sicherheitsbereich - „bisher das Kennzeichen nur der RAF“ - in Zukunft auch aus der „autonomen terroristischen Szene“ nicht mehr auszuschließen seien. Als Beleg dafür nannte Rebmann eine „schriftlich niedergelegte strategische Konzeption“, nach der die Startbahn durch Tötung von Polizeibeamten zum Kippen zu bringen sei. Diese Konzeption soll Frank Hoffmann verfaßt haben, so Rebmann, der wegen der Morde an der Starbahn beschuldigt wird. Zum Ermittlungsstand im Fall Eichler präsentierte der Bundesanwalt nichts Neues. Auf Nachfrage bekräftigte er aber seine Behauptung, daß Eichler den Verfolgungsbehörden in seiner Aussage den Namen des Mitbeschuldigten Frank Hoffmann genannt habe. Eichler soll nicht nur wegen Mordes, sondern auch als „Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung“ strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Die Gruppierung um Eichler und Hoffmann sei insgesamt für zwölf Anschläge auf Strommasten und Brandanschläge verantwortlich. Gegen vermutete Mitglieder der Gruppe sind bislang elf Haftbefehle ergangen, vier Beschuldigte sind in Untersuchungshaft. Der oberste Verfolger der Nation zeigte sich hochbefriedigt über die jetzt vorbereiteten Verschärfungen der Strafvorschriften zur inneren Sicherheit. Das strafbewehrte Vermummungsverbot bei politischen Veranstaltungen brauche der Staat auch zur „Feststellung terroristischer Strukturen unter gewalttätigen Chaoten“ und zur Verhinderung von „Einstiegsdelikten“ in den Terrorismus, wie Gewalt gegen Personen und Sachen. Zur geplanten Kronzeugenregelung wiederholte der Generalbundesanwalt seine Forderung, daß seine Entscheidungen in solchen Fällen nicht an die Zustimmung des für die Hauptverhandlung zuständigen Gerichts gebunden werden sollen.
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