Ganz entspannt beim Hochhausbau

■ Frankfurts Magistrat läßt sich beim weiteren Zubetonieren des Westends von einer PR–Agentur beraten / Bald werden zwei Zacken mehr Frankfurts Skyline krönen / Investoren bekommen Vertrag ohne Risiko

Aus Frankfurt Reinhard Mohr

„Die neue Zeit, die neue Gesellschaft haben sich eine neue Mehrheit gesucht“, verkündete der Frankfurter Oberbürgermeister am vergangenen Donnerstag in einer „Grundsatzrede“ vor dem Stadtrat. Sozialdemokraten und Grünen schleuderte der Wallmann–Nachfolger entgegen, sie hätten keine Konzepte zur Versöhnung von Tradition und Moderne, von Kommerz und Kultur. Während die SPD sich noch der „alten Zeit“ verpflichtet fühle und etwa danach fragt, wie „beim notwendigen wirtschaftlichen Ausbau in Frankfurt die Teilung der Bürger in Arme und Reiche verhindert“ werden kann, geht es dem CDU– Magistrat schon längst um die „neue Zeit im West–Ost–Gefälle“ der Stadtentwicklung: um den Ausbau Frankfurts zur „Dienstleistungs– und Bankenmetropole“, um die Zukunft schlechthin. Zwei Meilensteine auf diesem Weg in die Postmoderne sollen jene beiden Hochhäuser werden, gegen die sich schon bei den ersten Planungsgerüchten vor zwei Jahren Bürgerproteste regten. Wieder einmal ist das Westend betroffen, wo in den frühen siebziger Jahren das Wort „Häuserkampf“ erfunden und zum praktischen Begriff wurde. Nach dem Ende der wilden Zeiten kehrte die neue Ruhe der Altbauluxussanierung ein und verbündete sich mit der Ästhetik von Glasfassade und Kunstmarmor. Der Bebauungsplan wurde erfüllt, den Bürgern versprochen, daß es dabei bleibe. Von wegen. Auf halbem Wege zwischen Polizeipräsidium und Alter Oper sollen nun zwei weitere Bürotürme die Skyline der Main– Metropole komplettieren, darun ter die neue Zentrale der „Deutschen Genossenschaftsbank“, die mit einer voraussichtlichen Höhe von 200 Metern Frankfurts höchstes Gebäude sein wird. Gestern hat der Magistrat das Geschäft perfekt gemacht: Für 120 Millionen Mark verkaufte die Stadt das Grundstück, auf dem jetzt noch ein Parkhaus steht. Eine besondere Vertragsbedingung der „neuen Zeit“ ist ein Rücktrittsrecht des Käufers. Wenn es Schwierigkeiten mit Einwendern gegen den Bebauungsplan, kostspielige Zeitverzögerungen also, für die Bank gibt, dann nimmt die Stadt das Areal wieder zurück - für 120 Millionen plus „weitere Aufwendungen des Käufers“. Sind damit für die Investoren alle Risiken elegant beiseite geräumt, so könnte die „neue Zeit“ für den Magistrat durchaus eine schwere Zeit werden. Denn: „Ge gen beide Projekte gibt es in Teilen der Öffentlichkeit und in einzelnen kommunalen Gremien massiven Widerstand.“ Zitat aus einem „Diskussionspapier“ der größten bundesdeutschen PR–Agentur, „Leipziger & Partner“, die der Magistrat beauftragt hat, eine Werbekampagne zu konzipieren, mit der „den Vorwürfen aus der Öffentlichkeit durch eine frühzeitig einsetzende Informationspolitik“ begegnet werden kann. In dem Papier der PR–Agentur, das am Montag dieser Woche bekannt wurde, wird als Zielsetzung einer solchen Kampagne formuliert: „Vertrauen wiedergewinnen, weitere Negativmeldungen vermeiden, emotionale Entspannung herbeiführen“ und schließlich für die „Baumaßnahmen an der Mainzer Landstraße Akzeptanz schaffen“. Fein säuberlich sind auch die „Zielgruppen“ aufgelistet. Sie reichen von der „Gesamtbevölkerung der Stadt Frankfurt“ über „kritische“ und „indifferente“ Westendbewohner, politische Parteien, Vereine und Interessenverbände als „Meinungsbildner“ bis zu den „Mittlern“: Printmedien, Hörfunk und Fernsehen. Auch „Bedienstete der Stadt Frankfurt“ sollen als „interne Zielgruppe“ nicht von der Aufklärungsarbeit ausgeschlossen bleiben. Unter Punkt 5 - „Vorgehen“ - heißt es apodiktisch: „Frankfurt als zukunftsorientierte, bürgerdienliche Wirtschaftsmetropole positionieren. Ein rationales Abbauen von Emotionen durch Dialog herbeiführen.“ Mit einer „ehrlichen, offenen, widerspruchsfreien und argumentativ geführten“ Informationspolitik soll intern und extern der Widerstand gegen das Projekt abgebaut werden. Zu den von der PR–Agentur vorgeschlagenen „internen Basismaßnahmen“ gehören eine „Rhetorikschulung“ für den Referentenstab, ein „Argumentationsleitfaden und regelmäßige „Infoveranstaltungen“. Die „externen“ Zielgruppen–Angehörigen sollen mit Informationsbroschüren, Modellbauten und Ton–Dia–Shows traktiert werden, worauf dann „Kamin–Gespräche“, „Journalisten–Workshops“, „Bürgerrunden“ und „persönliche Briefe an Westendbewohner“ dafür sorgen könnten, daß in der Informations– und Dialogflut auch der letzte Widerstand zusammenbricht. Vorerst traut die CDU dem Konzept der Agentur selbst noch nicht: Am Donnerstag verhinderte sie eine Diskussion über die Hochhäuser im Stadtparlament, das Thema sei „nicht dringlich“.