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Der korrupte Alltag im PreAG–AKW

■ Die kleinen Gefälligkeiten und privaten Arbeiten auf Kraftwerksrechnung sind bei der PreAG seit Jahren grauer Alltag

„Da war ja gar nichts zu verheimlichen“, sagt der junge Unternehmer Dieter Hagenah aus Himmelpforten bei Stade. Als er mit seinem Betrieb 1980 in Esenshamm als handwerkliche Fremdfirma einstieg, „da war das System sogar noch viel schlimmer als 1987.“ „Im Atomkraftwerk wechselten die 1.000–Mark–Scheine im großen Stil die Besitzer“, zitiert ihn das Stader Tageblatt. Was der Unternehmer seiner Heimatzeitung anvertraute, glich einem „System quasi–feudaler Hand– und Spanndienste“. Jahrelang war es in der Kreishandwerkerschaft ein Thema, über das alle nur hinter vorgehaltener Hand redeten, denn die AKWs versprachen für die ländlichen Firmen neue und lukrative Aufträge. So auch für den Familienbetrieb Hagenah, der landwirtschaftliches Gerät produzierte - der Junior begann dann in den 70er Jahren, auch aus persönlicher Leidenschaft, Yachten zu bauen -, bis die AKW–Aufträge winkten. In Esenshamm lernte er, wie das System funktioniert: Hagenah: „Da kommt einfach einer und sagt: Mach bei mir zu Hause mal das und das.“ Natürlich ging das über die Kraftwerks–Rechnung. Nachfragen bei verschiedenen Ebenen von Vorgesetzten in Esenshamm bis hin zur Buchhaltung hätten keine Bedenken ergeben, und so war auch für ihn schließlich Auftrag gleich Auftrag. Einer der Hagenah–Ingenieure, Werding: „Das ist nicht nur der kleine Ingenieur. Das ging hoch bis nach Hannover.“ Im November 1987 hat sich die Preußen– Elektra von ihren Esenshamm–Ingenieuren Bartnick, Seifert und Dierksen getrennt, die seitdem als die kleinen Sündenböcke vorge führt werden, die heimlich in ihre Taschen gewirtschaftet haben. Der Unternehmer Hagenah: „Da war nichts zu verheimlichen.“ Allein aus seiner Firma seien insgesamt 20 Beschäftigte mit solchen Privat–Arbeiten auf Kraftwerks–Rechnung befaßt, bei anderen Firmen war es ähnlich - Hunderte von Fachkräften aus der gesamten Region wußten, was lief. „Das dürfen Sie nicht so personengebunden sehen. Jede Firma machte das.“ Ursprünglich wollte die PreAG ihre drei KKU– Ingenieure auch fristgerecht entlassen, um die Sache unter der Decke zu halten. Erst eine Panorama–Sendung im Oktober zwang sie zur Flucht nach vorn. Vor Jahren hieß der Betriebsleiter des AKW Stade Heinz Kramer. Er ließ seine Segelyacht von den Zulieferfirmen auf dem Kraftwerksgelände überholen, für keinen seiner Angestellten übersehbar. Heinz Kramer sitzt heute im Vorstand der PreAG. Die TÜV–Mitarbeiter, die in der Öffentlichkeit als externe Kontrolleure erscheinen, wohnen und leben in der Regel in der Gegend „ihres“ AKW und sind den Kraftwerks–Ingenieuren durch jahrelange Zusammenarbeit verbunden. Hagenah: „Einmal haben wir auf Anweisung der Kraftwerksleitung auch für einen TÜV–Mitarbeiter privat gearbeitet.“ Daß die TÜV–Leute dafür auch einmal großzügig sein können, das vermutete der Rodenkirchener SPD–Landtagsabgeordnete Udo Zempel, der im Landtag eine lange Liste technischer Mängel bis hin zu Schäden im Bereich der Kühlwasserrohre im dem AKW Esenshamm vortrug. Sie stammen nicht aus einem TÜV–Bericht, sondern aus einem Schreiben der Handwerksfirma an das niedersächsische Umweltministerium. Ingenieur Werding, der durch seine Informationen den Korruptions–Skandal ins Rollen brachte, sollte selber im September 1987 den Einbau einer Brücke überwachen, die atomrechtlich für den Betrieb des AKW erforderlich ist und Erdbeben– wie Absturz–sicher sein sollte. Werding bekam aber von den Kraftwerksingenieuren die Unterlagen der Statik–Berechnung nicht ausgehändigt, legte seine Arbeit nieder und brachte die AKW–Interna an die Öffentlichkeit. Beim Einbau der Brücke stellte sich dann heraus, daß sie nicht paßte. Isolierungen von Rohren wurden entfernt, Träger abgeflacht und damit geschwächt - „Für eine Garage bekommen Sie keine Genehmigung wenn sie sowas machen“, sagt ein Hagenah–Mitarbeiter. Am 16.9. war die Brücke eingebaut worden, am 24.9. ging der Kraftwerksbetrieb los - mit angeblich neuen statischen Berechnungen und einer TÜV–Genehmigung. Firmenchef Hagenah selber, der sich inzwischen ganz auf den Bau schneller Yachten verlegt hat, hält die Atomtechnologie trotz alledem für sicher. Anders sein ehemaliger Ingenieur Werding. „Das geht so weit, daß ich sage: Ein Kernkraftwerk kann überhaupt nicht betrieben werden, das ist von der Technik her nicht möglich, wenn Sie die gesetzlichen Vorschriften einhalten wollen. Sie müssen erpreßbare Leute haben ...“ Zum Beispiel Jahr für Jahr, wenn die Revision anstehe und an Rohrleitungen im A–Bereich geschliffen werde: „Das atmen die Leute ein. Die Leute, die sich da auskennen, die gehen da nicht rein. Die holen sich deshalb dann unerfahrene, dumme Mitarbeiter.“ K.W.

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