I N T E R V I E W „Eine Kontrolle findet nicht statt“

■ Transnuklear–Skandal: Die Gorlebener Bundestagsabgeordnete der Grünen, Lilo Wollny, zu den verschobenen Atommüll–Fässern

taz: Du sitzt am Montag im Umweltausschuß in Sachen Transnuklear–Skandal. Was werdet ihr Herrn Töpfer erzählen? Lilo Wollny: Man muß Töpfer klipp und klar sagen, daß sein Ministerium die Aufsichtspflicht verletzt hat. Schon im Frühsommer sind die ersten Bestechungen bei Transnuklear aufgeflogen. Das wurde als übliche kleine Geschichte der unteren Management–Ebene heruntergespielt. Nach dem Motto: Da wurde ein Haus gebaut und ein bißchen mehr auf die Rechnung gesetzt. Im November, als bekannt wurde, daß die Staatsanwaltschaft in Mol ermittelt, hat uns Staatssekretär Gröbl gesagt, das Ministerium könne in dieser Angelegenheit nichts unternehmen. Immer wieder wurde betont, daß sicherheitstechnische Belange nicht tangiert seien. Die haben die Sache einfach laufen lassen. Was steckt hinter den Atommüll–Schiebereien? Die Ursache liegt hauptsächlich in der desolaten Entsorgung. In den Atomfabriken fällt offenbar Müll an, der nicht als schwach radioaktiv deklariert werden kann. Und da wissen die Leute nicht, wohin damit. Auf dem Entsorgungspfad Eine–Hand– wäscht–die–andere hat Transnuklear das Zeug nach Mol gebracht. Dort wurde es dann gelagert, versteckt, ausgetauscht. Transnuklear macht ja den gesamten Service. Die nehmen den Atomfabriken ihren Müll ab und bringen ihn konditioniert zurück. Die Begleitpapiere werden im AKW ausgeschrieben und gelten, bis die Fässer zurückgebracht werden. Eine Kontrolle findet nicht statt. Die können das Zeug auch in den Wald kippen. In Mol wird ja außerdem Atommüll aus aller Herren Länder konditioniert. Ich halte es für möglich, daß die den Müll gar nicht mehr auseinanderhalten können. Hinzu kommt, daß die Direktion von Transnuklear bestochen wurde und entgegen den Vorschriften hochkontaminierten Müll angenommen und verarbeitet hat. Die Grünen haben darauf hingewiesen, daß Transnuklear eine Tochterfirma hat, die ebenfalls Atom–Transporte durchführt: die Firma NTL. Was befürchtet ihr? Es ist natürlich zu befürchten, daß NTL einen Teil der Transporte übernehmen wird. Andererseits glaube ich, daß das Transportverbot für Transnuklear bald wieder aufgehoben wird. TN ist ja die einzige Firma, die hochradioaktives Material transportieren darf. Es besteht also eine direkte Abhängigkeit. Und Transnuklear setzt die Regierung bereits dementsprechend unter Druck. Interview: Manfred Kriener