Bundesanwaltschaft hüllt sich in Schweigen

■ Nach den Verhaftungen in Sachen Paragraph 129a vom vergangenen Wochenende schotten sich Bundesgerichtshof und Bundesanwaltschaft ab / Anwalt von Ingrid Strobl erhielt bislang noch keine Besuchserlaubnis / Bonner Grüne verurteilen BKA–Aktionen

Berlin (taz) - Nach den Verhaftungen im Rahmen der BKA–Aktionen gegen angebliche Mitglieder „terroristischer Vereinigungen“ hüllen sich Bundesgerichtshof und Bundesanwaltschaft weiterhin in Schweigen. Im Fall der Journalistin Ingrid Strobl, die seit Sonntag abend in Untersuchungshaft in der Frauenhaftanstalt in München–Neudeck sitzt, verweigern sie fast jede Information. Ihrem Münchener Anwalt Wächtler ist es bisher nicht gelungen, eine Besuchserlaubnis bei seiner Mandantin zu bekommen. Auch die Anklageschrift liegt ihm noch nicht vor. Der zuständige Untersuchungsrichter im BGH, Dr. Gerlach, ließ sich nicht nur ihm gegenüber bisher am Telefon ständig verleugnen. Dafür wußte die Bildzeitung gestern zu berichten, daß Ingrid Strobl seit mehreren Jahren observiert worden sei. Eine Behauptung, zu der der Sprecher der Bundesanwaltschaft Prechtel keine Erklärung abgeben wollte, aus „fahndungstechnischen Gründen“. „Ich kann jedoch bestätigen, daß Frau Strobl seit einiger Zeit bekannt war und unter gewissem Verdacht stand“, so Prechtel. Bundesinnenminister Zimmermann bewertete indessen die jüngsten Festnahmen als einen wichtigen Erfolg der Polizei. Es sei gelungen, einen bedeutenden Einblick in die Strukturen nicht nur der RAF, sondern auch in die der „Revolutionären Zellen“ und deren Frauengruppe „Rote Zora“ sowie der „gewalttätigen autonomen Szene“ zu bekommen. Der Verein „Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis für Frauen“ in Köln hat in einem Brief an Bundes– und Landesministerien gegen die Durchsuchungs– und Beschlagnahmeaktion im Gen–Archiv Essen protestiert. Darin heißt es u.a., „zu einem Zeitpunkt, wo am Beispiel des Transnuklear– Skandals ein Ausmaß an krimineller Energie zum Vorschein kommt, das die Brüchigkeit landläufigen Sicherheitsgeredes dra stisch offenlegt“, läge der Verdacht nahe, daß kritische Positionen zu gentechnologischen Experimenten aus der Öffentlichkeit ausgeschlossen und kriminalisiert werden sollten. Regula Schmitt–Bott, Grünen– Abgeordnete im Bundestag, zeigte sich über den Versuch, technologiekritische Fauen und Gruppen zu terroristischen Vereinigungen abzustempeln, empört. In einer Pressemitteilung zieht sie den Vergleich zu den jüngsten Ereignissen um die Umweltbibliothek in Ost–Berlin. Dort würden die polizeilichen Aktionen von den hiesigen Regierungsparteien als Beschränkung der Menschenrechte und als staatlicher Übergriff auf die Meinungsfreiheit lautstark verurteilt. Hierzulande werde das Etikett „terroristische Vereinigung“ benutzt, um die Verfolgung von kritischen Personen zu legitimieren.Auch der Bonner Grüne Wilhelm Knabe stellte sich ausdrücklich gegen die Durchsuchungsaktionen der Bundesanwaltschaft in der letzten Woche. Die Durchsuchung von Räumen in Hamburg ohne Durchsuchungsbefehl und der Einbruch in die taz–Redaktion in Bochum seien eindeutig rechtswidrig. Eine Durchsuchung der Redaktionsräume einer Tageszeitung seien der Anfang vom Ende der Pressefreiheit. uhe