Gewaltlos gegen Israel

■ Eine Gruppe von Palästinensern aus Ost–Jerusalem droht Israel zunächst mit einem Aufruf zum Boykott israelischer Waren und einem Steuerzahlungsboykott

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Als „gemäßigt“ bekannte Vertreter der Palästinenser aus Ost–Jerusalem propagieren eine Kampagne des „Zivilen Ungehorsams“ gegen die israelische Besatzung. Diese Gruppe von Intellektuellen schlägt vor, zunächst mit einem Steuerzahlungsboykott und später mit einem Boykott israelischer Waren auf Israel Druck auszuüben. Ihre Initiative fällt zeitlich mit der Ankündigung der PLO zusammen, bald eine Exilregierung ausrufen zu wollen, um so die Pläne für eine israelisch–jordanische Gewaltenteilung in der Westbank zum Scheitern zu bringen. Der israelische Außenminister Peres kommentierte gestern die palästinensischen Boykott–Aufrufe mit dem Hinweis, daß eine solche Kampagne wenig Chancen auf Verwirklichung hat, da sich die Palästinenser selbst am meisten schadeten, wenn sie nicht mehr mit den Besatzungsbehörden kooperieren. Der Sprecher der Jerusalemer Stadtverwaltung, Rafi Davara, der zugleich Vertreter von Bürgermeister Kollek ist, reagierte auf die Initiative mit der Drohung, daß den palästinensischen Bewohnern sämtliche städtischen Dienstleistungen gesperrt würden, sollten sie keine Gemeindesteuern zahlen. Davara tat den Aufruf zum zivilen Ungehorsam ab als eine „fixe Idee“ von Hanna Seniora, der als Zeitungsverleger in Ost–Jerusalem im letzten Sommer diese „Öffentlichkeits– Bombe“ gelegt hatte und zugleich sich selbst an die Spitze einer Gruppe von Arabern gesetzt hatte, die bei der nächsten Gemeinderats–Wahl für das Bürgermeisteramt kandidieren wollen. Davara beschuldigte Seniora, ihm gehe es nur darum, in den Schlagzeilen der Weltpresse zu erscheinen. Seniora erklärte dazu gestern, die geplante Kampagne werde den Israelis beweisen, daß die Palästinenser die Besatzung nicht länger dulden und Israel gegenüber den palästinensischen Vorschlägen über eine gerechte politische Lösung des Konflikts nicht mehr taub bleiben könne. Wie die taz erfuhr, werden palästinensische Persönlichkeiten aus Ost–Jerusalem bald eine Erklärung veröffentlichen, worin Israel aufgefordert wird, sofort alle kürzlich angeordneten repressiven Maßnahmen, wie Massenverhaftungen, administrative Haft, Ausgehverbote und Verbannung von Palästinensern in benachbarte, arabische Staaten, zurückzunehmen. In dem Ausmaß, wie die Repression dennoch fortgesetzt wird, soll der zivile Ungehorsam praktiziert werden. Die von Seniora geführte Gruppe hat sich ausdrücklich gegen den gewalttätigen Kampf ausgesprochen und will sich nur auf Formen der Bürgerrechtsbewegung konzentrieren, wie sie von Mubarak Awad propagiert werden. Gegen den amerikanischen Psychologen palästinensischer Abstammung, der Anfang der achtziger Jahre in seine Heimat Jerusalem zurückgekehrt war, hatte die israelische Regierung ein Ausweisungsverfahren eingeleitet, das aber unter dem Druck des US– Außenministeriums zurückgenommen werden mußte. Wie Awad erwarten auch die anderen Unterzeichner des Aurufs, daß ziviler Ungehorsam in den besetzten Gebieten zu einem machtvollen Drckmittel werden kann.