Reform geht weiter

■ Der Oberste Sowjet in Moskau hat eine neue Regelung über „psychiatrische Hilfeleistungen“ verabschiedet

Moskau (afp/taz) - Mißbräuche in der Psychiatrie sollen in Zukunft ausgeschlossen werden. Das Präsidium des Obersten Sowjet der UdSSR hat ein neues „Statut“ über „Bedingungen und Verfahren für psychiatrische Hilfeleistungen“ angenommen. Berichten der Nachrichtenagentur TASS zufolge soll jetzt ein Gesetz erlassen werden, das die Bedingungen für die erste psychiatrische Untersuchung und für die Notfall–Einweisung in die Psychiatrie festlegt. Genaue Ausführungsbestimmungen sollen erarbeitet werden. Danach werden Geisteskranke nur in Kliniken behandelt, die den Gesundheitsämtern unterstehen. Die bisher von Kritikern beklagte Zuständigkeit des Innenministeriums für manche Spezialkliniken würde dann wegfallen und Rechtssicherheit gegenüber Mißbräuchen der Psychiatrie herstellen. Wie die neuen Ausführungsbedingungen angewendet werden, soll künftig durch die Staatsanwaltschaften überwacht werden. Die neuen Bestimmungen waren bereits seit längerem erwartet worden. Erst im Juli letzten Jahres hatte die sowjetische Regierungszeitung Iswestija das Tabu durchbrochen, indem sie zum ersten Mal zugab, daß geistig völlig gesunde Oppositionelle als schizophren bezeichnet und in psychiatrischen Kliniken interniert würden. er