Geldregen für bedürftiges WAA-Gebiet

WAA-Betreiberfirma DWK kauft Grundstücke von ehemaligen Klägern zu weit überhöhten Preisen / Jetzt noch ein Kläger übrig / Ein Fünftel des Verwaltungshaushalts von Wackersdorf wird von der DWW finanziert / Geld- und Sachspenden für Vereine und Kindergärten  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) – „Die DWK kauft uns die Leute weg und macht sich die Gemeinden gefügig – so läuft das bei uns.“ Was Hans Schuierer, SPD-Landrat von Schwandorf und engagierter Gegner der Wiederaufarbeitungsanlage, so auf die Palme bringt, ist eine Entwicklung, die sich seit einem Jahr im Großraum um die WAA abzeichnet. Nachdem aufwendige Informationskampagnen von DWK, bayerischer Staatsregierung und Polizei keine Akzeptanz für die umstrittene WAA in der Oberpfälzer Bevölkerung erreichten, setzt die DWK jetzt auf das Geld.

Bereits vor einem Jahr kaufte die DWK-Tochter DWW-Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf GmbH (DWW) für mehr als eine Million DM ein altes Forsthaus samt Grundstück in unmittelbarer Nähe des Baugeländes im Taxöldener Forst. Besitzer war Ewald Ellert, einst Widerspruchsführer gegen die baurechtliche Genehmigung der WAA.

Jetzt hat die DWW erneut als Grundstückskäufer zugeschlagen. Für 1,6 Millionen DM kaufte sie ein 24.000 Quadratmeter großes Grundstück in der Nähe von Grafenricht. Besitzer: Landwirt Heinrich Bollwein, ehemaliger Kläger gegen die WAA im bau- und atomrechtlichen Verfahren. Während Landrat Schuierer von „sich geradezu aufdrängenden Zusammenhängen“ spricht, redet DWW-Pressesprecher Egon Mühlberger von „Zufall“ und „Notwendigkeit“.

Gemäß der Bestimmung 1.26. in der ersten Teilerrichtungsgenehmigung (TEG) für den Bau der WAA sei die DWW verpflichtet, „an anderer Stelle einen Wertausgleich“ für die auf dem Baugelände gerodeten mehr als 100 Hektar Wald zu schaffen. Landrat Schuierer erinnert sich anders. „Wir haben damals darauf gedrängt, daß Flächen innerhalb des Zauns und um den Zaun wieder angepflanzt werden müssen.“ Eine derartige Klausel, wonach die DWW Grundstücke außerhalb des Baugeländes aufkaufen müsse, kann er sich nicht vorstellen. „Was ist, wenn niemand an die DWW verkauft?“

Tatsache ist, daß gemäß oben genannter Bestimmung die DWW verpflichtet gewesen wäre, bis Dezember 1985 einen „landschaftspflegerischen Begleitplan mitsamt dem Nachweis über die Verfügbarkeit der erforderlichen Grundstücke“ vorzulegen. Mit den Käufen in jüngster Vergangenheit bestätigt die DWW – so Rechtsanwalt Baumann, Klagevertreter in vielen WAA-Verfahren –, daß „die DWK mit wesentlichen Beweissicherungsmaßnahmen drastisch im Verzug ist.“

Die Versicherung des DWW- Pressesprechers, kein Grundstück zu einem überhöhten Preis zu kaufen, bezweifelt Schuierer vehement. Den Quadratmeter- Preis von 6,50 DM für Bauer Bollwein hält er aufgrund seiner langjährigen kommunalpolitischen Erfahrung für „völlig überzogen“. Lediglich ein Drittel würde handelsüblich für Waldgrundstücke bezahlt.

Die DWK hatte für das 138 Hektar große WAA-Baugelände 2,17 DM inklusive Holzbestand bezahlt. Für Schuierer drängt sich der Verdacht auf, daß damit das Zurückziehen der Klage gegen die WAA belohnt werde. „Die DWW kauft den Landwirten nutzlose Flächen für viel Geld ab und erreicht so deren Akzeptanz für die WAA.“ Daß Gerüchten zufolge auch ein dritter ehemaliger Kläger gegen die WAA, der Gastwirt Lorenz vom Bahnhof Altenschwand, seine Gaststätte samt Grundstück bereits an die DWW verkauft haben soll, will Mühlberger weder bestätigen noch dementieren. Von den ursprünglichen vier Klägern ist jetzt nur noch Landwirt Michael Meier aus Altenschwand übrig.

DWW-Pressesprecher Mühlberger findet die Grundstücksverkäufe ebensowenig ungewöhnlich, wie die Vorgänge im Zusammenhang mit der frühestens 1997 zu erwartenden Gewerbesteuer aus dem Betrieb der WAA. Nach langen Verhandlungen sollen künftig 43 Prozent nach Wackersdorf, 29 Prozent nach Bodenwöhr, 10 Prozent nach Neunburg und 18 Prozent nach Schwandorf fließen. Um das unzufriedene Schwandorf zu besänftigen, kaufte die DWW letzte Woche für das Zigfache des üblichen Preises von der Stadt ein Gründstück für ein Laborgebäude, Neunburg vorm Wald erhielt vom Freistaat für den Neubau des Rathauses und eines Hotels den Spitzenförder satz von 99,5 Prozent. Im Mai 1987 vergab die DWW dann der Stadt Bodenwöhr ein zinsloses Darlehen in Höhe von 708.000DM, deklariert als Gewerbesteuervorauszahlung. Gemeinderatsmitglied Dr. Gerd Biron spricht von „verführerischen Geschäften“ der DWW und einer „unseriösen Haushaltssicherung“. Landrat Schuierer hält es für „mehr als ungewöhnlich“, daß ein Gewerbebetrieb der wenn überhaupt frühestens in acht Jahren in Betrieb geht, eine derartige Vorauszahlung leistet. Die Gemeinde Wackersdorf finanziert gar ein Fünftel ihres Verwaltungshaushalts durch zinslose Darlehen der DWW. Seit 1986 erhält die kleine Gemeinde jährlich eine Million DM als „Gewerbesteuervorauszahlung“ zur Schaffung „infrastruktureller Maßnahmen im Zusammenhang mit der WAA“, wie Bürgermeister Ebner betont.

Nach Schuierers Ansicht will sich die DWK „mit öffentlichen Geldern die Ruhe in der Oberpfalz besorgen“. Über Zweitgesellschaften ist die DWK völlig in Händen der bundesdeutschen Energieversorgungsunternehmen (EVU). Stromkunden und Steuerzahler finanzieren also die DWK. Neben Gemeinden und ehemaligen Klägern werden von der DWW Sportvereine und soziale Einrichtungen großzügig bedacht. Die Fremdenverkehrsbroschüre von Steinberg unterstützt die DWW ebenso wie die Hochglanzbroschüre „Lebensraum Wackersdorf“. Die Landschafts- und Tierfotos lieferte hierzu die DWK aus dem bisher unveröffentlichten Band mit dem bezeichnenden Titel „Ökologische Beweissicherung“.