Palästinensische Journalisten verhaftet

Die Herausgeber zweier Zeitungen in Ost-Jerusalem wurden von der israelischen Polizei verhaftet / Einer von ihnen wurde wieder freigelassen / Schießbefehl gegen ausgewiesene Palästinenser / Ausgewiesene wollen im Libanon bleiben  ■ Von A. Wollin u. P. Groll

Tel Aviv (taz) – Die israelische Polizei verhaftete gestern in Jerusalem die Herausgeber der beiden arabischen Zeitungen Al-Fajr und Ash-Shaab, Hana Siniora und Sallah Zuheika. Die sogenannte administrative Haft, die ohne Angabe von Gründen für sechs Monate verhängt werden kann, war im Dezember letzten Jahres schon gegen den Vorsitzenden des palästinensischen Journalistenverbandes, Radwan Abu Ayash, angeordnet worden. Bereits kurz nach seiner Verhaftung wurde Siniora wieder freigelassen. Man habe ihm an einem Treffen mit dem UNO-Sonderemissär Goulding hindern wollen, das just zum Zeitpunkt der Verhaftung geplant war, erklärte Siniora. Die Polizei meinte dagegen, Siniora sei wegen seines Aufrufs zum zivilen Ungehorsam verhaftet worden. Neben den beiden Herausgebern wurden auch mehrere Redakteure ohne Angabe von Gründen verhaftet. Zuvor war schon der Vertrieb der beiden Zeitungen in den besetzten Gebieten vorübergehend verboten worden. Allein in den letzten Tagen verhafteten israelische Sicherheitskräfte mehr als 200 Personen in Ost-Jerusalem. Eine erheblich höhere Zahl in den besetzten Gebieten wurden in administrative Haft genommen.

Gestern wies Israel die mit ihr verbündete „Südlibanesische Armee“ an, sie sollten auf die vier ausgewiesenen Palästinenser schießen, sollten diese auf von Israel kontrolliertem Gebiet Libanons auftauchen. Während die Militärs über die meisten palästinensischen Lager in der Westbank und im Gaza-Streifen ein Ausgehverbot verfügt haben, befinden sich seit gestern die Städte der Westbank aus Protest gegen die Ausweisung der vier Palästinenser durch die israelische Armee im Generalstreik. Die Anwälte der vier Ausgewiesenen erklärten, sie seien nicht über die hastig durchgeführte Maßnahme gegen ihre Mandanten informiert worden.

Verteidigungsminister Rabin und Stabschef Shomron erklärten am Mittwoch abend auf einer Pressekonferenz, daß es Wochen oder Monate dauern könnte, bis der Aufstand der Palästinenser niedergeschlagen sei. „Wir werden den Arabern zeigen, daß sie durch Gewalt nichts erreichen,“ sagte Rabin. General Shomron erklärte: „Die Armee hat überhaupt kein Problem damit, Recht und Ordnung herzustellen. Danach kann ein politischer Prozeß beginnen. Wir befinden uns nicht im Krieg mit der palästinensischen Bevölkerung, obwohl im Gaza- Streifen eine Kriegsatmosphäre geschaffen worden ist.“

Außenminister Peres bestätigte Meldungen, daß PLO-Chef Arafat der israelischen Regierung ein Angebot überbringen ließ, in dem die PLO ihre Bereitschaft ankündigt, die Situation in den besetzten Gebieten zu beruhigen und politische Verhandlungen einzuleiten.

Kurz vor Antritt einer Reise nach Syrien hat Bundesaußenminister Genscher die rasche Einberufung einer internationalen Nahost-Friedenskonferenz gefordert. Nicht durch Abwarten, sondern nur durch eine solche Konferenz könne die Lage verbessert werden, meinte Genscher.

Ausgewiesene wollen nicht zurück

Beirut (taz) – Nach einer Nacht der Ungewißheit, die die vier Palästinenser, die am Mittwoch nachmittag von den israelischen Behörden verbannt worden waren, in einer Kaserne der libanesischen Armee zugebracht hatten, ist am Donnstag mittag offenbar entschieden worden, sie nicht an die libanesisch-israelische Grenze zurückzuschicken. In Übereinstimmung mit den drei anderen Grenzländern Israels, hatte Libanon am 31. Dezember angekündigt, keine ausgewiesenen Palästinenser aufzunehmen.

Unter Berufung auf diese Entscheidung hatte die libanesische Armee, die Ausgewiesenen nach Zemraya, einem südlibanesischen Dorf in der von Israel besetzten Sicherheitszone, zurückzuschicken. Die vier Palästinenser erklärten am Donnerstag morgen, sie beabsichtigten nicht, im Libanon zu bleiben, sondern vorerst dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes in Genf Bericht zu erstatten und dann zu überlegen, wie sie ihren Kampf fortsetzen können.

Zu einer vom palästinensischen Bischof Elia Khoury am Mittwoch in Amman propagierten Idee, ein „Friedensschiff“ mit allen bislang von Israel verbannten Palästinensern solle im Frühjahr übers Mittelmeer kreuzen und den israelischen Hafen von Haifa anlaufen, mochten sich die vier Palästinenser noch nicht äußern. Elia Khoury, Mitglied des PLO-Exekutiv-Komitees, war 1969 aus Ramallah in der Westbank des Landes verwiesen worden.