Drei Jahre bis zur pakistanischen Atombombe

■ US-Institut prognostiziert den Bau von 15 Atombomben in Pakistan bis zum Jahre 1991 / US-Militärhilfe soll trotzdem fortgesetzt werden, um das asiatische Land bei seinen Atom-Bestrebungen zu mäßigen / Aufrüstung Indiens mit Atom-U-Boot durch die UdSSR

Washington/Berlin (wps/taz) – Bis 1991 wird Pakistan in der Lage sein, 15 Atombomben von der Stärke der Hiroshima-Bombe zu bauen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Kommission des Carnegie Instituts für Friedensforschung in den USA, deren Abschlußbericht am Donnerstag in Washington vorgelegt wurde. Die 18 ehemaligen Regierungsbeamten, Politiker und Rüstungsexperten halten es für sehr wahrscheinlich, daß die pakistanische Regierung in Versuche verwickelt ist, spaltbares Material zur Herstellung von Atombomben aus den USA zu schmuggeln. Dennoch plädiert die Kommission in ihrem Bericht an Präsident Reagan dafür, die US-Hilfe an Pakistan fortzusetzen.

Der US-Kongreß hatte im September letzten Jahres aufgrund damals aufgekommener Vermutungen über eine pakistanische nukleare Rüstung die US-Hilfe gestoppt, im Dezember aber mit 480 Millionen Dollar Wirtschafts- und Militärhilfe wieder aufgenommen. Nach Informationen aus dem Weißen Haus ist Präsident Reagan entschlossen, das Hilfsprogramm zu verwirklichen, nachdem die pakistanische Regierung versichert hat, keine Atomwaffen zu besitzen oder zu bauen. Der Unterstaatssekretär im US-Außenministerium, Armacost, war in der letzten Woche zu Gesprächen nach Islamabad gereist. Dort hatte er Verhandlungen über die pakistanische Position bei den Genfer Gesprächen über die Beilegung des Afghanistan-Konflikts geführt und den pakistanischen Wunsch nach Lieferung mehrerer AWACS-Luftüberwachungssysteme diskutiert.

Hintergrund der US-Militärhilfe an das Regime von Präsident Zia ul-Haq ist die pakistanische Furcht vor einer nuklearen Aufrüstung Indiens. Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, daß die Sowjetunion der indischen Marine ein atomgetriebenes U-Boot, allerdings ohne atomare Bewaffnung, vermieten wird. Ein US-Regierungsbeamter erklärte dazu am Donnerstag in Washington, man werde diesen Schritt mit Moskau diskutieren müssen. Die USA seien gegen den Verkauf oder die Vermietung von Atomreaktoren an Länder, die sich nicht den internationalen Kontrollen von Atomanlagen unterwerfen – wie bei Indien der Fall.

Nach Ansicht des Weißen Hauses versucht die Sowjetunion mit massiver Militärhilfe an Indien ihren durch den Afghanistan-Konflikt verlorenen Einfluß im mittleren Asien wettzumachen. In einem Memorandum des US-Außenministeriums an Präsident Reagan, das am Donnerstag in Washington veröffentlicht wurde, wird vor der Gefahr einer atomaren Aufrüstung in der Region gewarnt, die auch das amerikanisch-sowjetische Verhältnis unmittelbar betreffen würde. Es müsse unbedingt verhindert werden, daß Pakistan in den Besitz der Bombe gelange. Deshalb sei über die allgemeine Wirtschaftshilfe hinaus eine massive Militärhilfe durch die USA gefordert.

In einem erst jetzt bekannt gewordenen Brief an den Kongreß hat sich Reagan selbst in dieser Frage schon im Dezember 1987 geäußert. „Das Hilfsprogramm der Vereinigten Staaten für Pakistan ist nach meiner Ansicht ein extrem wichtiges Instrument, um das Risiko zu reduzieren, daß Pakistan nukleare Waffen entwickelt oder erwirbt. Aufgrund der uns zugänglichen Informationen kann ich schlußfolgern, daß Pakistan solche Waffen nicht besitzt“, argumentierte Reagan in seinem Versuch, den Kongreß für die Bewilligung des Pakistanprogramms zu gewinnen. Das Gesamtvolumen US-Hilfe an das Land soll in den nächsten sechs Jahren über vier Milliarden Dollar betragen. Bis Redaktionsschluß gab es keine Stellungnahmen aus Washington, welche Bedeutung der mögliche Verkauf hochangereicherten Materials durch die deutsche Atomfirma NUKEM an Pakistan für die USA haben könnte. thore