„Autonomia“-Gründer wollen zurück

Die in Italien verurteilten, ins Ausland emigrierten „Autonomia operaia“-Mitglieder hoffen auf Strafreduzierung oder Amnestie / Am Sonntag kam Franco Piperno in Rom an – mit Rückflugkarte nach Kanada  ■ Aus Rom Werner Raith

Die Gründergeneration der italienischen „Autonomia operaia“ sucht nach einer „Aussöhnung mit der italienischen Gesellschaft“: Franco Piperno, Physikprofessor und seit sieben Jahren im Exil in Kanada, ist am Sonntag nach Rom zurückgekehrt und will die ihm wegen „bewaffneter Bandenbildung“ aufgebrummten zehn Jahre absitzen. Aus Frankreich hat sich gleichzeitig der zu insgesamt knapp 15 Jahren verurteilte Politologieprofessor Toni Negri gemeldet und seinen früheren Appell für eine allgemeine Amnestie politischer Straftäter wiederholt; Ore ste Scalzone, dritter landesweit bekannter Flüchtling aus der „Autonomia“-Vätergeneration, hat seine Gedanken über die Beendigung der „bleiernen“ 70er Jahre sogar dem Staatspräsidenten übermittelt.

Zeichen, daß die Rückkehrer nicht ihre gesamte Strafe werden absitzen müssen, gibt es: In Revissionsprozessen wurden nahezu alle ursprünglich jahrzehntelangen Freiheitsstrafen halbiert, einige Verfahren ganz eingestellt. Die den Massenverhaftungen zurgrundeliegende Hypothese, wonach die „Autonomia operaia“ das „geheime Gehirn des gesamten italienischen und internationalen Terrorismus“ sei, ist fallengelassen. Die Debatte um einen Strafnachlaß für rückkehrwillige „Politische“ ist in Italien schon seit Monaten im Gange, wobei sich vor allem die Sozialisten, Radikalen, die „Democrazia Proletaria“, die Grünen und eine Reihe von Christdemokraten für, die Republikaner und auch Teile der Kommunisten gegen ein stärkeres Entgegenkommen aussprechen. Derzeit leben nach Behördenangaben circa 200 steckbrieflich Gesuchte des ehemaligen „Bewaffneten Kampfes“ und rund tausend andere Personen aus Furcht vor Strafverfolgung im Ausland. Ihre Lebensbedingungen sind oft überaus schlecht: Aufgrund des meist nicht legalisierten Status erhalten sie „nur selten und dazu miserabel bezahlte Schwarzarbeit in der Müllabfuhr, als Babysitter oder, mit viel Glück, in einer Exilanten- Pizzeria“ (Polizeibericht). Franco Piperno hat vor allem die noch immer nicht erteilte Arbeitserlaubnis in Kanada und die ständige „Angst vor doch noch erfolgender Ausweisung“ als sein Motiv zur Rückkehr angegeben. Wobei sich die Beamten wunderten, die ihn am Flughafen in Empfang nahmen: Piperno hat nicht nur den Flug nach Rom, sondern auch den Rückflug gebucht – und zwar schon für Mitte Februar 1988.