Vermittelt Strauß in Mosambik?

Heute trifft Strauß von Südafrika aus in Mosambik ein / Die mit südafrikanischer Hilfe operierende Rebellengruppe RENAMO terrorisiert die Zivilbevölkerung und hat das Land an den Rand des wirtschaftlichen Ruins gebracht / Hungersnot wie in Äthiopien  ■ Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) – Franz-Josef Strauß wird bei seiner Ankunft heute in Mosambik ein Land erleben, das durch von Südafrika unterstützte Rebellen an den Rand des Ruins getrieben worden ist. Das Ausmaß der Hungersnot in Mosambik ist vergleichbar mit der Situation in Äthiopien. Ein Drittel der 13 Millionen Mosambikaner ist direkt vom Hunger bedroht. 50 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren sind unterernährt. Die Kindersterblichkeit ist mit 200 pro Tausend die höchste der Welt. Ohne Nahrungsmittel- und Entwicklungshilfe wäre Mosambik längst zusammengebrochen.

Das Land erbte 1975 mit der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal eine vollkommen unterentwickelte Wirtschaft. Der Versuch der linken Frelimo-Regierung, durch erzwungene Kollektivierung die Landwirtschaft zu entwickeln, scheiterte am Widerstand der Bauern. Weitere Entwicklungsversuche wurden immer schwieriger, als das benachbarte Zimbabwe 1980 unabhängig wurde. Südafrika übernahm eine vom weißen Rassistenregime in Rhodesien gegründete Sabotage, aus der in den Jahren danach die „Mosamkianische Nationale Widerstandsprganisation“ (RENAMO) herangezüchtet wurde. Mit grausamen Terroranschlägen hat RENAMO seitdem die Infrastruktur von Mosambik fast vollkommen zerstört.

RENAMO-Angriffe sind berüchtigt. Regelmäßig werden Dorfbewohner durch das Abschneiden von Ohren, Nasen oder Lippen vestümmelt. Frauen werden vergewaltigt, Kinder entführt, ganze Dörfer in Brand gesteckt. Das wahllose Morden erreichte im Herbst letzten Jahres einen Höhepunkt, als eine RENAMO-Bande den Ort Homoine im Süden Mosambiks überfiel und Hunderte ermordete.

Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln wird durch RENAMO-Angriffe auf Hilfstransporte erschwert. Ein erster Erfolg wurde im Beira-Korridor, der Bahn-, Straßen- und Pipelineverbindung zwischen Zimbabwe und dem mosambikanischen Hafen Beira am Indischen Ozean, erzielt. Der Korridor wird inzwischen von etwa 6.000 zimbabwischen Soldaten bewacht und ist wieder begrenzt operationsfähig.

Die Kriegssituation hat Mosambik in den letzten Jahren dazu gezwungen, auf seinen Erzfeind Südafrika zuzugehen. 1984 wurde der Nichtangriffspakt von Nkomati zwischen Südafrika und Mosambik unterzeichnet. Mosambik erhoffte sich eine Verringerung der RENAMO-Angriffe und wirtschaftlichen Gewinn durch den Verkauf von Strom aus dem riesi gen Cahora Bassa Wasserkraftwerk an Südafrika. Auch der Hafen von Maputo sollte wieder für Exporte aus Südafrika genutzt werden. Diese Hoffnungen wurden jedoch nicht erfüllt.

Unter der Leitung von Präsident Joaquim Chissano hat Mosambik sich deshalb im letzten Jahr zunehmend um Unterstützung aus dem Westen bemüht. Unter Anleitung und mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank wird die Wirtschaft nach bekanntem Muster – Abwertung der Währung, Sparmaßnahmen – umstrukturiert. Selbst Waffenlieferungen aus dem Westen nehmen zu.

Die Bundesrepublik ist ihrerseits bereit, Mosambik Entwicklungshilfe zukommen zu lassen. Doch alle Anstrengungen sind sinnlos, wenn der RENAMO- Terror den Neubeginn im Keim zerstört. In diesem Zusammenhang wird spekuliert, daß Strauß als Vermittler zwischen Mosambik und Südafrika die Apartheid- Regierung bewegen soll, ihre Unterstützung der RENAMO aufzugeben. Im Gegenzug würde Mosambik vielleicht schärfer gegen Mitglieder des in Südafrika verbotenen Afrikanischen Nationalkongress (ANC) vorgehen, die in Mosambik im Exil leben.

Auch Cahora Bassa und der Maputo Hafen sind wieder ins Gespräch gekommen. Womöglich könnten durch Exporte über Maputo bestimmte gegen Südafrika verhängte Sanktionen umgangen werden.

Für die Bundesregierung ist Hilfe für die Frontstaaten eine Alternative zu Sanktionen. Als Köder könnte Strauß den Südafrikanern eventuell auch ein neues, „konstruktive Engagement“ der Bundesregierung in der Region anbieten. Zweifellos plant Bonn eine neue außenpolitische Initiative im südlichen Afrika.